Kollektive Selbsterkenntnis
Im letzten Beitrag habe ich dargelegt, wie ein Individuum zur Selbsterkenntnis gelangen kann. Die daran anschließende Frage, die sich stellt, ist, ob ein Kollektiv gemeinsam zur Selbsterkenntnis gelangen kann. Ich glaube ja und habe dies in Bezug der Selbsterkenntnis der Natur über das Bewusstsein der Menschen in meinem Büchlein bereits erörtert.
Grundsätzlich stehen wir hier vor dem gleichen Problem, das wir (Menschen) aus uns selbst heraus uns nicht vollständig erkennen können – dies lehrt uns der zweite Unvollständigkeitssatz von Gödel. Gleichzeitig haben wir das Problem, das die Masse, wenn sie ihre Eigenständigkeit aufgibt, in ein triebhaftes Verhalten zurückfällt, das kaum Raum für eine Selbstreflexion und daraus folgend schon gar keinen Raum zur Selbsterkenntnis gibt. Um zur kollektiven Selbsterkenntnis zu gelangen müssen wir also einerseits ein gemeinsames Ziel verfolgen, unsere Eigenständigkeit im Denken und Handeln aber erhalten. Nur dann sind wir in der Lage zur kollektiven Selbsterkenntnis. Und genau dies tun wir bereits!
Die Mathematik ist ein solcher Bereich, der aufzeigt, wie mächtig eine kollektive Selbsterkenntnis sein kann. Die Basis bildet auch hier eine gemeinsame Sprache. Die mathematische Sprache ist dabei vergleichbar mit der einer Fremdsprache. Auch in der Mathematik gibt es Begriffe (Symbole) und eine Grammatik (die Festlegung in welcher Reihenfolge z.B. eine Formel geschrieben wird). Die Grundzüge dieser (mathematischen) Sprache lernen wir bereits in der Schule. Existiert diese gemeinsame Sprache, so genügt dies aber noch nicht zum Start der Kollektiven Selbsterkenntnis. Es benötigt noch ein gemeinsames Fundament, auf dem die zusammengetragenen Erkenntnisse fußen. Dieses Fundament bildet in der Mathematik die sogenannten Axiome. Dies sind Grundannahmen, die getroffen werden, ohne einen Bezug zu etwas anderem als zu diesen Grundannahmen zu haben (etwas außerhalb gibt es zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht!) – wenn man so will eine gelockerte Art der Selbstbezüglichkeit. Ohne diese (unbewiesenen) Grundannahmen können wir nicht beginnen, da sonst nichts vorhanden ist, auf das wir aufbauen können. Dies ist Risiko und Chance zugleich. Risiko, falls sich diese Grundannahmen irgendwann als Falsch herausstellen, so können sie das ganze Gebäude, das auf deren Fundament baut, zum einstürzen bringen. Chance, da damit ein Anfang für etwas Neues gesetzt wird, das es sonst nicht (in unserem Denken) gibt.
Wichtig für den späteren Erfolg der Kollektiven Selbsterkenntnis ist, das dieses „Gebäude“ – z.B. die Mathematik – in sich schlüssig ist, also (möglichst) frei von Widersprüchen. Gelingt dies, so kann das Gebäude grenzenlos wachsen. Tauchen Widersprüche auf, so beginnt diese Gebäude Risse zu bekommen und droht irgendwann in sich zusammen zu fallen, wenn die Risse die Statik des Gebäudes gefährden.
Ich möchte dies an einem anderen Beispiel zeigen. Auch an der Religion können wir eine Kollektive Selbsterkenntnis fest machen. Wenn wir die Bibel der christlichen Religion nehmen, so sind die Zehn Gebote das, was die Axiome in der Mathematik sind. Sie stellen das Fundament dar, auf dem alles weitere ruht. Das Alte und das Neue Testament sind Sammlungen vielzähliger Erkenntnisse, die von unterschiedlichen Menschen zusammengetragen wurden. Jetzt ist es bei der Bibel aber so, das sich Widersprüche in einzelnen Texten zueinander ergeben – Bertrand Russell hat einige dieser Widersprüche zusammen getragen. Es wird von Glaubensvertretern dann gerne damit argumentiert, das man die Text nicht wortwörtlich verstehen darf, sondern losgelöst – ich halte dies aber für ein Scheinargument, ähnlich einer Erwiderung „so habe ich das nicht gemeint…“, sobald Widersprüche im eigenen Denken offenbart werden. Fakt ist, dass das Gebäude „Religion“ anfängt Risse zu bekommen…
Halten wir Abschließend also nochmals fest, was notwendig ist, damit die Kollektive Selbsterkenntnis wirksam werden kann:
- wir müssen eine gemeinsame Sprache und Grammatik (= Regeln) entwickeln,
- wir müssen eine Anzahl von Grundannahmen treffen (Axiome, Gebote etc.) die einfach und klar sind, damit darauf alles weitere ruhen kann,
- wir müssen jedem Menschen die Möglichkeit geben, seine Erfahrung mit einzubringen und dabei sein Bewusstsein als Individuum erhalten,
- und wir müssen das „Gebäude“ frei von Eigeninteressen halten.
Der letzte Punkt ist nicht unwesentlich, denn sonst öffnen wir Tür und Tor zu einer Ideologie (eines einzelnen), dessen Entwicklung wir nur noch schwer Herr werden können. Anders gesagt entscheidet sich damit ob das Gebäude ein Gefängnis wird, oder eine Kathedrale!
Wer Leben schätzt,
hat Freiheit verdient.
(Roland Forberger)
Erziehung, Bildung, Kultur, Medien, Politik etc. prägen unseren „Glauben“, also unser kollektives Selbst – und Weltverständnis.
Im Bereich Bildung hat in letzter Zeit der Film ALPHABET einige Widersprüche, die im System versteckt sind, aufgezeigt. Siehe http://www.alphabet-derfilm.at.
Meine (Vorsicht Selbstreferenz) Sichtweise ist Folgende:
Das kollektive Bildungssystem erzeugt durch vorgegebene Fächer, Lernorte, Settings etc. massenweise „Kopien“ statt „Originale“.
Jeder von uns ist aber ein geborenes Original, und will es auch weiterhin sein. Wenige Eltern erkennen dies an und entwickeln eine freundschaftliche Beziehung zu ihren Kindern. Sie versuchen die individuellen Potenziale zu erkennen und zu fördern.
Viele Eltern sind nicht in der Lage dies zu tun. Wenn eine Frau in einer Gegend lebt, wo nur harte Feldarbeit das Überleben der 10köpfigen Familie sichert und alle Hände zwecks Überleben benötigt werden, würde eine freundschaftliche Beziehung zu den Kindern zu ihrem Untergang führen. Hier ist eine strenge Erziehung notwendig.
Wenn sich aber die Umstände ändern, und die Überlebenschancen weniger durch Unterordnung, Gehorsam, Respekt, harte Arbeit etc. sondern durch innere Freiheit, Kreativität, Eigeninitiative, Risikobereitschaft, Humor, die Lust sich synergetisch zu vernetzen etc. sichern lassen, dann hinkt die alte Erziehungskultur oft einige Generationen hinterher (Pardon – zu langer Satz – bitte 3 mal lesen). Diejenigen die aber die Situation erkennen und wie „Propheten“ ihre Erkenntnisse der Gesellschaft vermitteln wollen, werden von den nach-hinkenden Eltern, Pädagogen, Journalisten, Unternehmern, Politikern etc. oft als Feinde oder Zerstörer bislang hochgehaltener Werte mit Ewigkeits- und Unfehlbarkeitsanspruch angesehen und oft drastisch bestraft. Einer wurde mal deswegen gekreuzigt.
Neue Einsichten werden oft erst dann erkannt und akzeptiert, wenn es zu spät ist, und oft viel sinnloses Blut vergossen wurde.
Zurück zu unserem Bildungssystem, zu unserer Bildungskultur, zu unserem Bestreben die gesamte Menschheit zu alphabetisieren. Denn ein Analphabet ist ja ungebildet. Das wird nicht mal im Film ALPHABET angezweifelt.
Was ist Bildung?
Was ist das Bildungsobjekt Kind?
Was wollen wir eigentlich?
Wo geht’s eigentlich mit der gesamten Menschheit hin – und welche Rolle soll ich dabei spielen?
Darüber möchte ich mich gerne mit aufgeschlossenen Freigeistern, Spinnern, Verrückten, Visionären etc. unterhalten, um mit ihnen zu überlegen, wie eine zukünftige Erziehungs- und Bildungskultur beschaffen sein könnte, die Originale hervorbringt, um vielleicht einige der Fragen zu beantworten – oder mindestens Perspektiven aufzuzeigen.
Wir sind aber nicht ganz allein, und ich habe den Eindruck, es werden immer mehr.
Michel Serres ist einer, den ich vor kurzem entdeckt habe. Der alte Mann ruft uns zu: „Erfindet euch neu!“ und hat sich in die vernetzte Generation verliebt.
Lieber Wolfgang,
Deinen Aufruf nach den aufgeschlossenen Freigeistern kann ich nur unterstützen. Dazu habe ich in der Menüleiste einen eigenen Bericht erstellt:
http://www.schnappfischkapitalismus.de/die-transformationsgesellschaft-2000/
Wichtig ist mir, dass wir unsere Kräfte bündeln und nicht jeder für sich einen Schritt nach vorne macht. Denn so ist die „Energie“ schnell an der Reibung des bestehenden Gesellschaftssystems verpufft.
Danke für Deinen Beitrag!
Roland
Die 3 Gebote
1. Es gibt keine Moral, die Intelligenz ersetzen kann:
[ … entfernter Link …]
2. Bescheidenheit ist der schwerste Charakterfehler:
[ … entfernter Link …]
3. Mit Geld sparen ist kein Geld zu verdienen:
[ … entfernter Link …]
Nach einem Schriftwechsel mit Hr. Wehmeier habe ich mich entschlossen, die von ihm hinterlegten Links zu entfernen. Solange es Hr. Wehmeiers Absicht ist, lediglich seine Schriften über seinen „Weisheits letzter Schluss“ zu hinterlegen – nach seinen Aussagen hat er dies bereits auf ca. 20.000 Webseiten in Form von Kommentaren getan – werde ich auch keine weiteren Links auf seine Seiten veröffentlichen. Sobald Hr. Wehmeier bereit ist, im offenen und wertschätzenden Diskurs die Beiträge zu Kommentieren, werde ich meinen Entschluss überdenken.
Sollte das Interesse an Hr. Wehmeiers „Ideologie“ hinreichend groß sein, kann es nützlich sein, nicht nur nach seinem Namen sondern auch nach Pseudonymen wie „Gnostiker“ oder „Josef“ zu suchen – bei 20.000 Links auf seine Seite dürfte dies recht schnell zum „Erfolg“ führen.