News Ticker

Ein Fenster zur Welt

Gegenstaende_bauwerk4Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und so birgt dieses Ereignis, doch fast schon traditionell anmutend, einen Rückblick zu wagen auf das (fast) vergangene Jahr. Eines meiner – zumindest rückwirkend betrachteten – Ereignisse war, mich von dem Fernsehzwang zu befreien. Ich könnte es schon fast auf folgenden Kern reduzieren:

Fernsehen bildet,
solange man keinen Fernseher hat!

Warum ich erst Rückwirkend zu dieser Schlussfolgerung komme? Wie jedes (Rausch-)Mittel des täglichen Konsums, so wirkt auch das Fehlen von Fernsehen zuerst einmal wie Entzug. Noch in der ersten Woche nach dem Fehlen der Empfangsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war mein Blick gegen 19:45 Uhr bereits auf dem Chronometer, um nicht die Landesnachrichten zu verpassen und die anschließende Tagesschau. Der Impuls war fast immer der gleiche zu dieser Zeit – die für mich eine völlig unpassende war, da wir zu dieser Zeit oft noch zu Abend aßen. Also war der übliche Ablauf auf zu stehen, das Empfangsgerät für IP-TV zu aktivieren und dann nach der Senderwahl die Pausetaste zu drücken, um dann immerhin zeitversetzt dieses tägliche Fenster zur Welt zu sehen.

Ich habe auch die Aufzeichnungsmöglichkeit genutzt, was aber dem Problem keine Abhilfe brachte, da dann nur unzählige Aufzeichnungen auf der Festplatte verweilten. Da die Aufzeichnungen nach lösen des T-Vertrags gut verschlüsselt auf der Festplatte ruhen, bin ich auch um die „Sorge“ befreit, die noch nicht gesehenen Filme anschauen zu müssen.

Mit dem Wegfall dieser 19:45 Uhr-Gewohnheit schwand dann auch ein Grund, das Programm nach den Nachrichten einfach weiter laufen zu lassen und ich musste mir eine andere Möglichkeit suchen, in meinen Schlaf zu finden. Hier wäre das Fernsehprogramm übrigens sehr effektiv, wenn Einschlafen mein Ziel gewesen wäre. Da dem leider nicht so war, war das anschließende Fernsehprogramm leider nur effizient.

Folglich wurde das Fernsehprogramm durch andere Tätigkeiten ersetzt, die dann nicht so effizient waren (da mein Energieaufwand anstieg), gleichfalls aber meine Effektivität zunahm. Beim Lesen meiner Zeitschriftenabos zum Beispiel bin ich nun mehr nicht 3-4 Ausgaben hinterher und auch die ungelesenen Bücherstapel werden wieder stabiler – ganz anders die Stapel bereits gelesener Bücher. Aber hier sind gerade zwei Bücherregale beim örtlichen Schreiner in der Mache…

Was bleibt?

Seit der Abwesenheit der (Zwangs-)Konditionierung, ist meine Zeitplanung eine weitere Stufe flexibler geworden. Auch leide ich nicht an einem Informationsdefizit, da die eigene Suche (z.B. im Gespräch bzw. per Internet) mir die Möglichkeit bietet, nicht alle „Ereignisse“ als gegeben hin zu nehmen, sondern mir meine eigene Meinung zu bilden. Das führte dann auch Anfang November dazu, diesen Blog zu eröffnen, der jetzt sieben Wochen jung ist.

Und so empfinde ich es gerade nicht als Verlust, dieses (Fernseh-)Fenster zur Welt nicht mehr nutzen zu können (der DVB-T Empfang ist bei uns glücklicherweise nada). Statt dessen mache ich mich jetzt gezielt selbst auf die Suche nach Informationen. Das führt bei mir dazu, dass ich aus dieser Passivität herauskomme und nicht mehr alles als so gegeben präsentiert annehmen (muss), und ja, es erwächst eine kleine Flamme in mir, etwas in dieser Welt verändern zu können – wenn auch nur im Kleinen. Es bleibt aber die Hoffnung, dass sich diese kleine Flamme einmal auf andere Überträgt und dann zu einem größeren gemeinsamen Feuer wird, dass viele Menschen Wärme spenden kann.

Ich freue mich auf 2014, denn ich habe die Hoffnung, dass sich in dem kommenden Jahr einiges bewegen wird – auch wenn es nicht immer schön an zu sehen sein wird.

Fernsehen bildet.
Immer, wenn der Fernseher an ist,
gehe ich in ein anderes Zimmer und lese.
(Groucho Marx)

P.S.: Ich lese momentan gerade dieses (sehr lesenswerte) Buch, daher die Inspiration für eine etwas ältere Schreibweise 😉

Über Ro!and (409 Artikel)
Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
Kontakt: Webseite

2 Kommentare zu Ein Fenster zur Welt

  1. Als Ergänzung zu dem „must read“ von Binswanger könnte Rudolf Steiner’s Aufsatz
    FAUST UND HAMLET
    Erstveröffentlichung in: Das Goetheanum, I. Jahrgang, Nr. 34, 2. April 1921 – (GA 36, S. 125-128)
    vertiefende Erkenntnisse generieren:
    http://anthroposophie.byu.edu/aufsaetze/a330.pdf

    • Vielen Dank für die Ergänzung. Auf Rudolf Steiner wird von Hr. Biswanger an einigen Stellen verwiesen. War Steiner doch einer der wenigen Kenner von Goethes Gesamtwerk.
      Es wird noch ein gesonderter Beitrag erscheinen, welches sich den historischen Schriften um Geld und Macht widmet…

2 Trackbacks & Pingbacks

  1. Weisheit #20: Die Fragen des Kindes | Schnappfischkapitalismus
  2. Ein Fenster zur Welt | Heinrichplatz TV

Kommentare sind deaktiviert.