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Der 7. Sinn – wenn Regeln keine Regeln (mehr) sind…

VerkehrSituation2bUPDATE zum Beitrag vom 19.12.2013

Nach einem Monat hat sich seitens dem Verantwortlichen der Stadt wenig getan. Die Antwort auf meine Mail vom 16.12. wurde nur mit der Bitte um Geduld erwidert. Seit dem keine Reaktion. Auch mein konkreter Vorschlag eines Ortstermins wurde übersehen.

Nun ist das letzte Teilstück der Baustelle in Arbeit und damit die Zufahrtsstraße auch zur Baustelle geworden. Eine Durchfahrt ist nun nicht mehr möglich. Das „Problem“ wird sich auch in den nächsten zwei Wochen erledigt haben. Wohlgemerkt, geplant war eine Fertigstellung im November. Ich habe ein paar Bauarbeiter auf die Plantermine angesprochen und fand ihre Reaktion sehr treffend, so dass ich sie als Zitat hier weitergeben möchte:

Unsere Chefs und die Planer glauben auch, dass wir fliegen können!

Wieder zurück zur Realität und warum ich jetzt ein Update schreibe:
Die Straßenverkehrsordnung ist hier eindeutig mit der Beschilderung. Das Schild „Durchfahrt verboten“ sollte noch jeder aus der Fahrschule kennen. Kommt es nun in dem Bereich zum Unfall, so spricht die Versicherung von grob fahrlässigem Verhalten. Wenn Sie ehrlich sind und zugeben, dass sie das Schild auch gesehen haben, dann ist hier der Vorsatz gegeben. Auch ohne Vorsatz wird ihre Versicherung im Schadensfall ihnen die Versicherungsleistungen kürzen. Eventuell kommt sogar die Mithaftung gar nicht zum Tragen, sondern es wird die gesamte Versicherungsleistung aberkannt.

Das ist die eine Seite der Medaille, auf der anderen Seite hat die Stadt dieses „Verhalten“ über die letzten drei Monate geduldet und trägt unter Umständen eine Teilschuld – und damit der Bürger und die Bürgerin, denn dieses Geld fehlt dann in der Stadtkasse für andere Projekte. Daher ist es für mich nicht akzeptabel, dass sich der/die Verantwortliche(n) in der Stadt durch Aussitzen des Problems entzieht bzw. entziehen!

 

Beitrag vom 19.12.2013:

Ich bin in Karlsruhe fast ausschließlich mit dem Fahrrad unterwegs und habe daher etwas mehr Zeit, mir den Verkehrsfluss und die Problemzonen anzusehen. Da Karlsruhe seit geraumer Zeit die Baustellenstadt in der Region ist, gibt es um so mehr dieser Zonen zu entdecken.
Diese einzelnen Problemzonen führen dann bei mir irgendwann zu einer allgemeinen Sicht der Probleme, von denen ich hier berichten möchte. Wir sind damit wieder einmal beim WIE, also in der Meta-Ebene (und damit bei der Problemlösung, der Ursache), statt beim WAS und der (sichtbaren) Wirkung.

Holen wir nun etwas weiter aus. Im März dieses Jahres war ich nach einer unschönen Erfahrung an dem Punkt angekommen, den Sachverhalt an den zuständigen in der Stadt zu geben. Es geht darum, dass eine Einbahnstraße für den Radverkehr in der Gegenrichtung frei gegeben wurde. Die Ecke ist aber schlecht einsehbar und auch sonst weißt kein Schild oder Markierung auf die Rechts-vor-Links-Regel hin. So kommt es, dass einem als Radfahrer regelmäßig die Vorfahrt genommen wird. Reicht die Straßenbreite dann gerade noch aus, dass man nicht angefahren wird, wird es mit Fahrrad und Kinderanhänger schon knapp. Ich habe mir sogar die „Mühe“ gemacht, jemanden darauf an zu sprechen und bekam dann die Antwort, ob ich der „ErklärBär“ wäre. Ein Bild zeigt die Situation aus Radfahrersicht:VerkehrSituation1
Dies war der Auslöser für meine Mail an den Zuständigen in der Stadtverwaltung.
Die Antwort darauf kam umgehend und lautete wie folgt:

Ich bedaure sehr die Widrigkeiten, denen Sie aus Unkenntnis der Verkehrsregeln durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt sind. Als Stadt versuchen wir immer wieder durch Berichterstattung im Amtsblatt und Faltblätter auf die aktuellen Regelungen der Straßenverkehrsordnung hinzuweisen. Leider gibt es im Fernsehen nicht mehr den „7. Sinn“, der diese Aufgabe früher übernommen hat.

Da ich die benannte Sendung noch aus meiner Kindheit kenne, diese aber bereits seit Jahren eingestellt wurde, wollte ich es nicht dabei beruhen lassen und wandte mich abermals an ihn mit einem konkreten Vorschlag:

[…] Speziell in der Einmündung der Kochstraße zur parallelen Erschließungsfahrbahn der Kaiserallee ist es durch die Bebauung der Kaiserallee schwer, für den aus Richtung Kaiserallee kommenden Verkehr, in die Kochstraße ein zu sehen. Hinzu kommt die falsche Annahme, dass keine Fahrzeuge aus der Einbahnstraße kommen können. Ich verstehe den Wunsch, nicht noch mehr Schilder als nötig auf zu stellen, könnte mir aber gut vorstellen, dass eine Markierung auf der Fahrbahn bereits eine entsprechende Aufmerksamkeit bzw. Sensibilisierung fördert, die sich im Zweifelsfall unfallverhindernd auswirkt.

Diese Mail blieb dann leider unbeantwortet – auch nach weiteren Erinnerungsmails. Auch heute, immerhin neun Monate später, hat sich an dieser Kreuzung nichts getan. Ich kann also nur Vermutungen anstellen, wieso nichts passiert ist. Da der Bereich aber nicht ungefährlich ist, kann ich von einer möglichen Art der „Lösung“ (dem Aussitzen – welches man unserem Altkanzler Helmut Kohl als Lösungsstrategie nachsagte) nur abraten, denn wenn es zu Personenschäden an dieser Stelle kommt, wäre das Verhalten fahrlässig…

Kommen wir nun zum Hier-und-Heute. Seit zwei Monaten befindet sich in der Erzbergerstraße eine Baustelle, die Planmäßig bereits fertiggestellt sein sollte. Damit ist eine wichtige Nord-Süd-Achse unterbrochen, da die Umleitung sehr weiträumig ist. Die Baustelle ist aber klar beschildert als „Durchfahrt verboten – Anlieger bis Baustelle frei“:
VerkehrSituation2b
Wer sehr gute Augen hat, erkennt auf dem Nummernschild vielleicht noch die beiden Buchstaben „FR“ für Freiburg…
Ich stand knapp eine Minute an der Kreuzung um Bilder zu machen und zählte in dieser Zeit acht „Anlieger“ Fahrzeuge. In der gleichen Zeit sind drei Autos der Umleitung gefolgt – ob diese eh in die andere Richtung wollten, lasse ich mal außen vor.

Ich selbst fahre diese Strecke mit Fahrrad und Anhänger und meinem 8-Jährigen als Selbstfahrer täglich. Da diese Strecke rechts keinen Gehweg hat, schirme ich meinen Sohn mit dem Anhänger von dem Autoverkehr ab. Gestern erfolgte dann ein Hupton und ich wurde darauf hin gewiesen, dass wir nicht neben einander fahren dürfen. Ich erwiderte, dass diese Straße momentan nur für Anlieger frei ist, was die Autofahrerin zuerst einmal bestritt – glücklicherweise war gerade ein Anlieger, der sein Auto freikratzte, daneben gestanden, der erhellende Worte hatte. Nach seinen Aussagen war auch schon zwei mal die Polizei vor Ort und es herrschte zumindest für zwei Stunden etwas Ruhe, ansonsten hatte dieser Einsatz aber keine weitere Wirkung. Einige Autofahrer sind sich bewusst, dass sie diese Straße nicht befahren dürfen und so wird die 30er-Zone zur 60er-Zone um möglichst schnell wieder auf der anderen Seite zu sein…

Diese Situation hat aber noch eine zweite Seite. Da es für Radfahrer nicht mehr angenehm ist, hier zu fahren, wechseln viele auf die Gegenseite und fahren nun gegen die Fahrtrichtung die Erzbergerstraße entlang – mit allen Gefahren, die damit verbunden sind.

Es geht im Kern nicht darum wer nun die Regeln verletzt, sondern wenn man Regeln von Seiten der Stadt aufstellt, dass man auch dafür Sorge tragen muss, dass diese beachtet werden. Wenn nicht, kommt es genau zu dieser Regelauslegung, die wir momentan an vielen Orten haben. Regeln werden so ausgelegt, wie es einem passt. Dann hilft auch nicht mehr ein Amtsblatt und Faltblätter oder die Verteilung von Nikoläusen. Auch die Wiedereinführung des 7. Sinns geht dann wirkungslos vorüber!

Als einzige tragbare Lösungsmöglichkeit sehe ich hier, mit Augenmaß das Gesamtproblem an zu gehen – z.B. dieses Umleitungsstück zu einer temporären Fahrradstraße zu machen. Dann können Radfahrer und Autofahrer gemeinsam die Baustelle auf kürzestem Wege umfahren und würden sich regelkonform verhalten. Bei der aktuellen Regelung führt dies aber nur zu einer weiteren Aufweichung der Regeln. So darf es auch die Verwaltung nicht wundern, wieso abgefahrene Autospiegel dem Geschädigten „überlassen“ werden und man im wöchentlichen Rhythmus nach Augenzeugen sucht, dessen Verursacher/in sich auf sein (nicht existierendes) „Recht“ der Unfallflucht berief…

Wenn die Zeit kommt, in der man könnte,
ist die vorüber, in der man kann.
(Marie von Ebner-Eschenbach)

Paul Watzlawick hat in einigen seiner Beiträge (z.B. in „Wie wirklich ist die Wirklichkeit„) dieses Phänomen schön beschrieben, was passiert, wenn man Situationen nur aus einer Einzelsicht betrachtet. Erst wenn man die Wirkungszusammenhänge ganzheitlich sieht, kommt an die Ursachen und damit zur Lösung – andernfalls ist es nur eine Symptombehandlung ohne Aussicht auf Wirksamkeit!
Dies habe ich in diesem Beitrag versucht zu erörtern. Wenn Ihnen – geschätzte Leserinnen und Leser – ähnliche Situationen bekannt sind, freue ich mich auf ein entsprechenden Kommentar…

Über Ro!and (409 Artikel)
Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
Kontakt: Webseite

1 Kommentar zu Der 7. Sinn – wenn Regeln keine Regeln (mehr) sind…

  1. Bleibe lieber anonym... // 20. Dezember 2013 um 22:57 //

    Ja, die Baustelle an der Erzberger… Kommt man vom Adenauer-Ring, weist kein Schild auf eine etwaige Umleitung hin. Direkt vor dem Abzweig in die Erzbergerstraße von der Michiganstraße kommend steht ein Schild zur DH – und weist in die Erzbergerstraße.

    Den Polizisten habe ich auch schon einmal begrüßen dürfen. Bin natürlich umgekehrt. Die Umleitung ist aber nicht mehr weiter ausgeschildert. Die Tage danach habe ich den Polizisten dann leider nicht mehr getroffen und bin dann ganz enttäuscht durch die Anlieger frei-Passage gefahren.

    Natürlich mit Tempo 30 und Rücksicht auf Radfahrer – so what?!?

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