Lernen im Zeitalter digitaler Medien
Nach dem Behaviorismus ist (vereinfacht dargestellt) alles lernen ein Reiz-Reaktions-Prozess. So könnte man den Ursprung dieses Beitrags auch verstehen, wenn ich ihnen mitteile, dass ich vor ein paar Minuten noch den Beitrag von Jöran Muuß-Merholz gesehen habe, den er letzte Woche auf dem 30c3-Kongress zum Thema „Warum die Digitale Revolution des Lernens gescheitert ist“ gehalten hat (das Video zum Vortrag kommt zum Ende des Beitrags).
Laut Hr. Skinner wäre ich somit eine Ratte im Labyrinth, die jetzt durch einen äußeren Reiz (dem besagten Video) mich an den Rechner setze (in Wirklichkeit tippe ich den Entwurf gerade auf einem Tablet, da meine Familie noch schläft und der Rechner ihrem Schlaf nicht zuträglich wäre). Isoliert betrachtet – und das hat die Forschung zu Hr. Skinners Zeiten getan und tut es auch heute noch – mag das ja alles korrekt sein. Meine Wirklichkeit sagt mir aber, es war mir bisher noch nicht wichtig genug, darüber zu schreiben und meine Erfahrungen weiter zu geben. Anhand der Fragen und Rückmeldungen zum 30c3 Beitrag von Jöran habe ich aber den Eindruck bekommen, das ein solcher Beitrag von mir, auch anderen etwas nutzen könnte – bei vielen Kommentaren zu diesem Beitrag bekommen die ‚Anderen‘ dann auch ein Gesicht, bzw. einen Namen.
Ich unterlag aber auch hier wieder nicht einer Reiz-Reaktionskette und habe mich nicht schnappfischartig hinter das Tablet gesetzt, sondern genüsslich noch andere Dinge, die mir wichtiger waren, zuvor gemacht.
Ende des Vorspanns, jetzt gehts los!
Ich bin nun gut seit 15 Jahren professionell in dem Bildungsbereich unterwegs (d.h. ich habe damit mein Einkommen bestritten). Dabei habe ich Firmen beraten, wie sie ihr Wissen strukturieren können, habe Vorlesungen gehalten, war in der Forschung, habe Seminare und Schulungen konzeptioniert und umgesetzt. Ich kenne also Theorie und Praxis gleichwohl. Es ist dabei immer wieder – wie bei anderen Innovationen auch – festzustellen, dass einer übertriebenen Erwartungshaltung eine Phase der Ernüchterung folgt. Meine Einschätzung ist, dass wir nun (endlich) diese Ernüchterungsphase erreicht haben. In dieser Phase kann man nun mit realistischen Vorschlägen kommen, muss aber gleichwohl gegen vorgefasste Meinungen (dem Das-haben-Andere-schon-davor-versucht-und-sind-Gescheitert) argumentieren.
Es ist leider immer wieder das Gleiche: wenn zwei das Gleiche tun, ist es lange noch nicht das Selbe!
Die Erwartungen an digitale Medien waren sicher überzogen, waren sie doch dazu ausgerichtet, dass wir lernende (und das sind wir alle, denn man kann nicht nicht lernen!) mit technischer Unterstützung noch schneller lernen können. Die Inhalte also in noch kürzerer Zeit in unseren Trichter füllen. Damit dieser Vergleich nicht so offensichtlich wird, wurden schöne Geschichten vom selbstbestimmten-, selbstorganisierten-, selbst-was-auch-immer lernen erfunden. Schaut man die eLearning-Dingens aber genauer an, sind es meistens nichts anderes als die alten Schläuche, die früher auf Papier (Anmerkung für die digital-na(t)ives: das was ein Johannes Gutenberg damals zum Drucken verwendet hat und zur D-Mark-Zeit noch für Geld verwendet wurde) daherkamen, nun digital sind.
Die einzige ‚Innovation‘, die ich klar ausmachen kann ist, dass nun ein eRechteverwalter entscheidet, wann sie wie lange was lesen dürfen – aber Lizenzmanagement ist ein anderes Thema und mir gerade noch nicht wichtig genug, um darüber zu schreiben…
Es gibt auch ein paar Ausnahmen, so habe ich letzt eine wunderschöne App gefunden, um mit Montessori-Cyber-Material lernen zu können. Wunderschön daher, da meine Jungs das physische Material dazu zu hause haben und ich dank der App für die „mehrtägigen Verwandtschaftsausflüge“ nicht alles Material mitnehmen muss, sondern nur dieses Teil, auf dem ich momentan (mehr schlecht als recht) gerade tippe. Bei allen anderen versuchen bin ich schnell lernmüde geworden, egal ob Microlearning in Form von Vokabeln aufs Handy, Macrolearning einer ganzen eVorlesung mit anschließendem Zertifikat – über die erste Vorlesungsstunde kam ich selten hinaus – oder gamebased Learning (*gääähnnn*).
Was ich intensiv nutze sind das Internet bei der Informationsrecherche und -aufbereitung, Bücher der alten Form und persönliche Gespräche. Vor etwa 10 Jahren hatte ich auch eine Idee, wie man einen Computer sinnstiftend zum Lernen nutzen könnte. Nach etwas Reifezeit habe ich dann mit ehemaligen Studenten zusammen an der Idee weiter gearbeitet, die Idee in einem Buch festgeschrieben und nun mit Norman gemeinsam den Prototyp online gestellt. Wer mehr darüber erfahren will, kann sich gerne Prototyp und Buch näher ansehen:
http://www.knowledgecare.de bzw. direkt zum Prototyp http://kompenzial.com
Im Kern geht es darum, den Rechner nur zur Recherche zu verwenden und dabei die individuellen Lernpräferenzen zu berücksichtigen. Die Lerninhalte bleiben aber so wie sie sind. Es wird also nur auf den Metadaten gesucht und nicht die Inhalte gespeichert. Vielleicht hat sich das lange warten ja gelohnt und es finden sich Mitstreiter/innen, die nicht nur reden wollen, wie schön das Traumhaus „Wissensgesellschaft“ aussehen könnte, sondern gemeinsam an diesem Traumhaus arbeiten möchten, ich würde mich freuen!
Daher bei Mitarbeit-Interesse einfach eine Mail an info<at>kompenzial.com schicken, ich organisiere dann ein Kick-off, sobald eine kritische Masse an interessierten Kräften zusammengekommen ist. Daher auch bitte in der Mail mit rein schreiben, was eure Stärke ist und welchen Beitrag Ihr leisten könnt und wollt! So jetzt aber zu dem versprochenen Video von Jöran – viel Spaß…
Um etwas wahrhaftig zu ändern,
erschaffe ein neues Modell,
das reicher an Möglichkeiten ist,
anstatt die bestehenden Zwänge zu bekämpfen.
(Roland Forberger)
Lieber Roland,
gutes Video, bin noch am Schauen und schon schreiben…
Super finde ich auch deinen Prototypen.
Verzichte mal auf eine Mail, da Dir mein Interesse, sowie meine Stärken bekannt sein dürften…
Wir bleiben in Verbindung…
Lieben Gruß
Carsten
P.S.: Vielleicht solltest Du für einige Leser das Angebot der Mitarbeit noch konkreter gestalten…. wie z.B.
– rein finanziell (hier könnte man ja direkt verknüpfen… mit…
– rein ideell
– sonstige Unterstützung….