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Skandal! Moderatoren arbeiten mit psychologischen Tricks!

Schnappfisch-7360Gestern bekam ich spät abends einen Anruf. Ich bin gerade beim Lesen eingenickt, da klingelte das Telefon. Eigentlich wollte ich zu so später Stunde nicht mehr dran gehen, aber eine innere Stimme riet mir dann, es doch zu tun.

Am anderen Ende war ein Insider. Er fragte mich, ob ich schon von dem „Geheimplan hinter Markus Lanz Skandalsendung“ gehört hatte? Ich hatte, wird dies doch seit einigen Tagen hoch und runter gebetet. Er sagte mir, dass er der eigentliche Insider der Medienlandschaft sei und der Verräter der angeblichen Tricks ein ehemaliger Freund, dem er etwas davon erzählt hätte.

Das klang für mich plausibel, war das Rezeptbuch, dass überall veröffentlicht wird, doch zu simpel gestrickt. Er gab mir Recht und wir diskutierten etwas über das gefährliche Halbwissen, dann kam er zur Sache: wenn ich ihm 8,99 EUR gäbe, würde er schonungslos auspacken.

Ich habe mir eigentlich vorgenommen, meine Beiträge kostenfrei zur Verfügung zu stellen und im Gegenzug auch kein Geld für Informationen zu zahlen, bei unter 10 EUR war es mir aber der Einsatz wert und ich sagte zu. Ich holte noch schnell mein altes Diktiergerät und es ging los:

Insider: „Seit einigen Jahren gibt es Rhetorikseminare für Moderatoren, die sich kaum von denen der Politiker unterscheiden. Hier wird gezielt das Handwerkszeug vermittelt.“

Ich: „Und was lernen die dort konkret?“

Insider: „Die wichtigste Grundlage ist die falsche Anwendung des Modus ponens oder auch Modus tollens.“

Ich: „Aha.“

Insider: „Ich gebe ihnen ein Beispiel: ‚Wer zuviel Schokolade isst, wird dick‘, so eine Aussage. ‚Ich esse keine Schokolade, also muss ich nicht befürchten, dick zu werden‘. Formal gesehen wird hier aus der Gültigkeit von A–>B und nicht-A auf nicht-B geschlossen. Das ist logisch aber falsch. Fällt aber keinem auf.“

Ich: „Interessant. Was sonst noch?“

Insider: „Der Trick mit der falschen Prämisse. Hier wird klar, dass ein gültiges Argument nicht schlüssig sein muss. Zum Beispiel die Aussage ‚Säugetiere legen keine Eier. Das Schnabeltier legt Eier. Also ist das Schnabeltier kein Säugetier.“. Die Logik ist makellos, aber die erste Prämisse ist falsch. Es gibt eben doch eierlegende Säugetiere!“

Ich: „Das heißt, die müssen uns nur am Anfang was falsches unter die Nase reiben und dann können die daraus alles ableiten, was sie wollen und wir sind dann so verblendet, dass wir gar nicht mehr den Fehler finden?“

Insider: „Bingo, endlich mal einer der mitdenkt!“

Ich: „Danke!“

Insider: „Noch ein wichtiges Instrument ist der Zirkelschluss. Man schließt von A auf B und dann wieder auf A zurück. Besonders begabte bauen da noch ein paar Station dazwischen ein. Ein Beispiel für ihre Leser: ‚Die Gentechnik ist zu wenig erforscht. Deshalb wird sie von einer Minderheit in der Bevölkerung abgelehnt. Deshalb sollten Versuche mit gentechnisch veränderten Organismen stark eingeschränkt werden.'“

Ich: „Boh ist das fies.“

Insider: „Es dient der Sache! Gern genommen wird auch das, was wir Lateiner als Post hoc, ergo propter hoc bezeichnen. Das heißt, dass man aus der Tatsache, das A nach B auftritt, darauf schließt, dass B die Ursache für A ist. Ein Beispiel: ‚Ich habe Milch getrunken und zwei Stunden später Bauchschmerzen bekommen. Also bin ich allergisch gegen Milch.‘ Jeder induktive Schluss in der Naturwissenschaft läuft Gefahr, diesen Fehler zu machen, und streng genommen können auch noch so viele Beobachtungen einen kausalen Zusammenhang nicht beweisen.“

Ich: „Ich war am Wochenende auf einen Vortrag, da hat ein Psychologe uns damit genau weiß zu machen versucht, dass seine Forschungen in Sachen Neurobiologie die Wahrheit sind!“

Insider: „Dann kennen halt die Professoren auch die Tricks. Die müssen ja auch irgendwie an Forschungsgelder kommen oder?“

Ich: „Ja, aber da ging es um Kinder und wie die Lernen, um unsere Zukunft.“

Insider: „Schlafen Sie noch? Zukunft?“

Ich: „Ähm… Okay ich habs begriffen, können wir jetzt fortfahren?“

Insider: „Gerne. Das Dammbruchargument ist auch ganz nett. Im Grunde nichts neues. Man muss nur das Argument so aufbauen, dass das letzte Glied in der Kette ein schlimmes Übel darstellt, wo keiner mehr widersprechen kann.“

Ich: „Also irgendwelche gesellschaftlichen Tabus?“

Insider: „Ja zum Beispiel. Dann können sie noch ein falsches Dilemma einbauen. Sie verkürzen die Auswahl an Alternativen und ziehen dann einen falschen Schluss. Beispiel: ‚Entweder fahren wir im Urlaub nach Holland oder nirgendwohin. Du willst nicht nach Holland, gut, dann bleiben wir eben hier!‘. Die meisten blicken dann nicht, dass es noch viel mehr Alternativen gäbe. Wichtig hier ist ein forsches, autoritäres auftreten, aber das ist eh die Eingangsvoraussetzung für das Seminar!“

Ich: „Boh, das sind schon ganz viel Tricks. Mir brummt der Schädel. Gibts da noch mehr?“

Insider: „Klar, da haben wir noch den Trick mit der falschen Analogie, das mit dem Pappkamerad, die Ad-hoc-Hypothese, die Verschiebung des Torpfostens, die Autoritätsnummer, die Verschwörungstheorie, dann noch die Hitler/Nazi-Keule – wird übrigens sehr gerne genommen – dann das Traditionsargument, das ignorieren der Frage, die Unterstellung, dann noch…“

Ich: „Sorry, aber das ist mir zu viel. Ich glaube das reicht für einen ersten Einblick!“

Insider: „Okay, dann lege ich jetzt auf.“  <<klick>>

Ich zucke kurz und bin dann wach. Bin ich doch schon wieder beim Lesen eingeschlafen. Ich lies gerade das Buch von Christoph Drösser, der Logik-Verführer. Sehr spannendes Buch. Ich drehe kurze das Buch um und siehe da, es kostete mich 8,99 EUR – das nenne ich mal einen realistischen Traum. Können Sie sich auch kaufen, da steht alles drin und die restlichen Tricks auch.

Viel Spaß beim Lesen und danke fürs zuhören meiner kleine Ad-hoc-Geschichte.

 

Nachtrag: Ich habe es mir jetzt nicht nehmen lassen, bei dem „Urheber“ des Beitrags Hr. Schrang ein Kommentar zu hinterlassen, mit dem Hinweis, dass es auch eine andere Wirklichkeit geben könnte und auf meinen Beitrag verwiesen. Selbstredend, dass dieser Kommentar nicht veröffentlicht wurde. Schreibt er doch selbst:

P.S.: Ich erhebe keinen Anspruch auf Absolutheit für den Inhalt, da er lediglich meine subjektive Betrachtungsweise wiedergibt und jeder sich seinen Teil daraus herausziehen kann, um dies mit seinem Weltbild abzugleichen.

Ob er damit seine Bekanntheit steigert? Ob er damit mehr seiner Bücher verkauft, die er in dem Beitrag so schön einfließen lässt? Sein Buch hat übrigens den treffenden Titel: „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen“…

Über Ro!and (409 Artikel)
Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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5 Kommentare zu Skandal! Moderatoren arbeiten mit psychologischen Tricks!

  1. Leider wurde auch mein Kommentar dort zensiert bzw. nicht veröffentlich, dabei war ich gar nicht pöse.
    Aber mal ehrlich Roland, war dieser grandiose Artikel vom Urheber es wert, ihm deinerseits soviel Aufmerksamkeit zu widmen? Dein letzer Satz beantwortet doch eigentlich meine Frage schon, wie ich vermute. 😉
    Danke für Deine Artikel, bin erst seit kurzer Zeit Leser hier, aber Deine Artikel lassen sich prima lesen und haben den nötigen „Gehalt“.

    • Danke Gottfried für Deine Wertschätzung!
      Ich hatte eh vor, ein Beitrag über die gängigen Manipulationstechniken in der Gesprächsführung/Diskussion zu schreiben. Besagter Hoax hat jetzt nur den Zeitpunkt und Erzählstil beeinflusst. Daher war die gewidmete Aufmerksamkeit nicht mehr und nicht weniger als die üblichen 30 Minuten 🙂

  2. Super Text – gefaellt mir sehr.
    Ein kleiner Logikfehler hat sich eingeschlichen:
    „Das heißt, dass man aus der Tatsache, das A nach B auftritt (sollte wohl „B nach A auftritt“ sein), darauf schließt, dass A die Ursache für B ist. Ein Beispiel: ‘Ich habe Milch getrunken und zwei Stunden später Bauchschmerzen bekommen. Also bin ich allergisch gegen Milch.’ “
    A (= Bauchschmerzen) tritt nach B (= Milch getrunken) auf.
    ==> Bauchschmerzen (A) sind die Ursache fuer’s Milch trinken (B).

    Schoenes Wochenende und weiter so !

    • Herzlichen Dank! Ist mir beim Lesen des Buchs gar nicht aufgefallen und dem Lektorat beim Rowohlt Verlag wohl auch nicht 🙂

      Fehler ist korrigiert und Mail an Hr. Drösser geht gleich raus. ist verschickt.

      • Lieber Herr Forberger,

        danke für den Hinweis (das hatte schon vorher jemand gesehen – ist jetzt vorgemerkt für die 2. Auflage), und danke, dass Sie mein Buch so schön präsentiert haben!

        Beste Grüße
        Christoph Drösser

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