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Die Macht der Ohnmacht

Vogelschwarm-0557Wenn wir nicht fähig sind, Entscheidungen zu treffen, treffen diese Andere für uns. Dies war schon immer so und wird auch zukünftig so bleiben, solange der Mensch nach Wachstum strebt. Dabei hilft es uns nicht, wenn wir uns mit Halbwissen oder Stammtischparolen in eine Diskussion einklinken. Dies führt sogar oftmals dazu, dass die dringend zu treffenden Entscheidungen derart verwässert werden, dass das Ergebnis nutzlos verpufft. Leider führt unser demokratisches System zu solchen Auswüchsen. Es genügt, wenn Meinungsmacher aus Funk- und Fernsehen mit einem schnell aufgenommenen Halbwissen in den Talkshows dann die Wählerstimmen zusammentreiben, die den Politikern dann im Nacken sitzen.

Dieses Spiel – auf Kosten der Allgemeinheit – ist schon lange im Gange, so dass ernsthafte Politiker sich schon längst um andere Betätigungsfelder kümmern oder einem anderen Herren dienen als dem, der sie gedankenlos gewählt hat.

Wie konnte es zu diesem Zustand kommen?

Das Deutsche Volk sieht sich gerne als das Volk der Dichter und Denker, das es zweifelsfrei auch einmal war. Aber bereits Napoleon Bonaparte zeichnete Anfang des 19. Jahrhunderts ein ganz anderes Bild der Deutschen als er schrieb:

Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche… Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.

In den 200 Jahren hat sich in der Einstellung nicht viel getan, jedoch vieles in der Komplexität der Umwelt. Entscheidungen zu treffen, ist weit schwieriger geworden als damals. So passt auch das Sprichwort dahingehend:

Früher war alles besser, sogar die Zukunft!

Was tun wir aber, um unsere Zukunft trotz aller Prognosen rosig zu gestalten? Wir leben in einer Zeit der Lügen!

Woran mache ich diese Aussage fest? Medial führen wir unsere Volksvertreter in kurzen Abständen zum Schafott wie kürzlich Hr. Friedrich oder versuchen uns in Bloßstellungen, wie z.B. Fr. Wagenknecht. Aber wozu diese Neuauflage der Brot und Spiele? Um die eigentlichen Lügen zu übertönen und dem Volk das zu geben, nach dem es giert.

Interessant am Fall Friedrichs zumindest ist, dass alle (Fehl-)Entscheidungen, die er als Volksvertreter bisher getroffen hat (z.B. das fehlende Bekenntnis gegen den Gen-Mais-Anbau oder die Vorratsdatenspeicherung, um nur zwei zu nennen), zweitrangig sind. Eine unerlaubte Informationsweitergabe, welche für unsere Gesellschaft kaum bzw. keine Relevanz hat, wird zum Grund. Der Circus Maximus lässt grüßen!

Wenn es uns ernst ist, mit dem Volk als Souverän, sollten wir das auch zeigen. Dann sollten wir auch beginnen öffentlichen Meinungen zu widersprechen und nicht aus Angst vor Strafe mit gesenktem Haupt weiter zu ziehen. Wir sollten beginnen selbst zu denken und nicht das Denken irgendwelchen (staatliche bezahlten) Professoren zu überlassen oder gar Talkmastern, dessen Fachwissen wöchentliche wechselt und kaum fundiert zu nennen ist. Das die Bildung eines eigenen Urteils nichts ist, was einem in den Schoß fällt, müsste klar sein. Das es sogar Zeit, Geld und auch Mühsal kostet, macht es nicht einfacher. Ist es doch viel billiger, das Denken anderen zu überlassen, solang man nur an den kurzfristigen Gewinn denkt!

Das kritische Fenster für den kritischen Geist schließt sich. Denn Kritik fällt nur dann auf fruchtbaren Boden, wenn eine Gesellschaft diese auch zulässt und anerkennt. Diktaturen sagt man nach, dass diese bereits bei einem Anflug von Kritik dieser zu begegnen wissen – meist zum Leidwesen der Kritiker und nachrangig zum Leidwesen des Volkes. Es liegt wieder einmal an uns als Souverän, ob wir uns „entertainen“ lassen wollen oder das zum Einsatz bringen wollen, was einst als kritische Vernunft bezeichnet wurde.

Hehre Ziele!

Sicherlich ist es ein Ideal, dass das Volk als Souverän auch aktiv und frei sich an der Meinungsbildung beteiligt. Dazu muss er jedoch ein umfassendes Wissen und offen für die Argumente anderer sein. Alles Wesensmerkmale, die in unserer Erziehung nicht gefördert werden, sondern eher ins Gegenteil verkehrt werden. Wer am lautesten auftritt und seine Forderungen nur oft genug wiederholt, erhält den Vorzug. Unzählige Talkshows zeigen uns täglich, indem wir zu Ausbildungszwecken unterhalten werden (=  Edutainment), wie es geht!

Ich mache mir nichts vor. Dieses Wunschkonzert eines mündigen Bürgers aller Orten ist ein Ideal, dass unerreichbar scheint. Auch ist mir bewusst, dass die so hoch geschätzten Aufstände vom Volk in keiner Weise aus den Reihen des Volkes kamen. Immer schon waren es Bildungsbürger die lautstark Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit forderten. Mit äußerster Brutalität wurde dann das aufgehetzte Volk auf die Machthaber los gelassen. Das die Masse dabei ihr Gewissen an ein höheres „wir“ abgeben, ist längst traurige Gewissheit. Damit wird die Masse zum einstigen Raubtier, dass die Herrschenden heute immer noch fürchten.

Die neue Ordnung war dann jedoch in keiner Weise besser als die Alte. Verwundert dies auch nicht, da der Ursprung ja nicht aus der Mitte des Volkes kam, sondern vom Rand und dort hin bewegt sich dann auch die neue Ordnung – bis zu dem Tag, an dem wiederum alles abermals ‚Neu‘ wird.

Je tiefer ich mich damit beschäftige, um so klarer wird die Ohnmacht, die hinter dieser Macht steckt. Es wir vieles versucht, um dem bestehenden System einen nie dagewesenen Glanz zu verleihen. Volkswirte versuchen sich im Bereich der Logik – und damit der exakten Wissenschaft – wo sie doch nur Beobachter sind, und nicht viel mehr als aus dieser begrenzten Wahrnehmung Schlüsse zu ziehen. Da hilft es auch nichts einen Prototyp des „homo oeconomicus“ zu schaffen, der stets seinen eigenen Nutzen maximiert und damit der dahinter stehende Mensch in seiner Entscheidung berechenbar wird. Menschen sind nur zu einem sehr geringen Teil modellhaft nutzenmaximiert. Jedes solche Modell muss bei schärferer Betrachtung in sich zusammen fallen, so auch jedes Wirtschaftssystem, welches auf solchen Modellannahmen beruht.

Was bleibt?

Für mich vorerst nur die Erkenntnis eine gute Wahl damit getroffen zu haben, keinen Fernseher mit öffentlichem Empfang mehr zu besitzen und die frei gewordene Zeit mit Lesen zu füllen. Darüber hinaus die Hoffnung, dass es ein Modell gibt, welches dem Individualismus genau so seinen Raum lässt wie dem Fundamentalismus und dabei die jeweiligen Strebungen nicht gegeneinander ausspielt.

Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(Artikel 1 Grundgesetz)

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Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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