Idole
Wir kennen sie alle, bereits in unserer Kindheit folgen wir ihnen in Form eines übergroßen Posters an der Wand, und auch später eifern wir ihnen nach, unsere Idole.
Idole haben dabei so lange ihre Strahl- und Wirkkraft, solang diese für uns unerreichbar sind. Würden wir als Teenager eine Woche mit unserem Idol verbringen, würden wir durchaus einige Schattenseiten wahrnehmen, die so gar nicht in unsere Lebensplanung passt – da bin ich mir sicher. Wie lange dann noch das Poster an der Wand hängt, ist dann lediglich von dem benutzten Befestigungsmaterial abhängig. Vielleicht ein Grund, wieso so wenige Poster von Idolen in einem Glasrahmen gefasst sind?!
Aber auch in der (erwachten ?) Erwachsenen-Zeit eifern wir unseren Idolen nach, sei es vor dem Fernseher bei einem Formel-1-Rennen, oder auf dem Fußballplatz (wahlweise auch wieder vor dem Fernseher)… Das möchte ich auch gar nicht in Abrede stellen, ist ein Idol doch für viele ein Leuchtturm, der einen auf Kurs hält.
Gefährlich wird er erst dann, wenn einer dieser Leuchttürme eine Eigenschaft medial so aufblässt und sich damit zu dem verkörperten Idol macht – wohl wissend, dass er dies selbst gar nicht lebt. Dieses Wasser predigen und (selbst) Wein trinken ist dabei mehr als verbreitet. Fatal wird es dann, wenn die mediale Blase platzt und das vermeidliche Idol dann vor der Kamera steht und die Menschen hinter der Kamera – wozu ein Fernseher doch für alles gut ist (sic!) – die virtuellen Steine schmeißen dürfen (zur Auffrischung, bitte folgenden Filmausschnitt ansehen – Danke!). Es ist dabei egal, was die Hintergründe sind, einzig das (vermeidlich) Idealisierte wird angeprangert. Egal ob die Person nun aktuell Uli Hoeneß heißt oder Klaus Zumwinkel, Annette Schavan, Karl-Theodor zu Guttenberg etc. Alle sind austauschbar!
Die Frage, die sich unweigerlich stellt: brauchen wir überhaupt solche künstlichen Ikonen?
Falls ja, finden die wir nicht auch in einem anderen Umfeld?
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
So steht es in der Bibel und wird uns seit Kindestagen vorgebetet. Vielleicht lohnt es sich, einen tieferen Blick in diesen Satz zu werfen.
Zuerst einmal muss ich mich selbst lieben können, sonst kann ich diese Liebe auch nicht weiter tragen. Es ist also zuerst einmal wichtig, eine offene und bedingungslose Akzeptanz meiner Selbst zu erreichen, ohne ins Extreme zu verfallen und Egozentrisch zu werden. Diese Eigenakzeptanz, die zur Selbstliebe führt, habe ich hier in der Geschichte „auf Schatzsuche“ bereits motiviert.
Wer sind nun die Nächsten, die in dem Satz angesprochen werden. Es handelt sich sicherlich nicht um die Idole, die mir zwar in idealisierter Form nahe stehen, körperlich aber weit weg sind. Es können nur die Menschen sein, die mich täglich umsorgen – die zu mir halten. Menschen also, denen wir fast täglich begegnen und daher auch ihre Schattenseiten kennen. Gerade weil wir diese Menschen so sehen können wie sie sind, sollten wir uns die Zeit nehmen, ihre Stärken zu sehen – denn aus diesen können wir unmittelbar lernen. Lernen vor allem auch, dass Menschen niemals perfekt sind und auch Fehler machen – gleichzeitig auch (zumindest dann, wenn wir ihnen in schlechten Zeiten beistehen), wie man aus diesem Schlamassel wieder heraus kommt und was man daraus lernen kann!
Es ist sicher kein einfacher Weg, seine Nächsten als Idole zu sehen. Dazu muss man vom perfekten Bild abrücken – das eh nur ein Trugbild sein kann – muss loslassen können. Auch hilfreich ist es – vielleicht eines der schwierigsten Dinge – verzeihen zu können. Verzeihen z.B. seinen Eltern, dass sie aus einem einen Soldaten des Systems gemacht haben. Wichtig ist, dass wir diesen Kreislauf durchbrechen und nicht auch noch unsere Kinder zu Soldaten des Systems machen. Wenn wir unseren Eltern verzeihen für das, was sie nicht wussten, und selbst daran arbeiten, etwas zu ändern, sind wir einen großen Schritt weiter.
Kommen wir zurück zum Idol. Wieso in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah!
Was, wenn wir den Partner nicht mit seinen Schwächen sehen und uns von seinen Stärken zurück ziehen, sondern wenn wir aktiv aus seinen Stärken lernen. Ist unser Partner ein guter Zeichner und wir nicht, was hält uns davon ab, gemeinsam ein Bild zu zeichnen und von ihm zu lernen. Was hält ihn im Gegenzug davon ab, die Steuererklärung gemeinsam zu machen?
Das Schöne an der Nächstenliebe ist doch, dass wir unseren Nächsten so nahe sind, dass wir sie auch fragen können und etwas gemeinsam tun können. Wir müssen unsere Idole nur etwas anders auswählen, dann können sie auch Leuchtturm für uns sein – auch wenn sie an der einen oder anderen Stelle nicht so hell leuchten. Näher – und damit erreichbarer – sind sie uns alle mal!
Danke fürs Lesen und viel Freude beim Umsetzen!