Sezession als Mittel der Wahl?!
Sezession, also die politische Loslösung einzelner Landesteile innerhalb eines Staatenverbunds, ist seit der Volksabstimmung um die Souveränität der Krim wieder entfacht. Die Sichtweisen beider Kontrahenten (Russland und USA/EU) könnte verschiedener nicht sein. Bereits im Kosovo-Konflikt Ende der 90er, gab es innerhalb von Europa solche Bestrebungen, welche die gleichen Fragen wie heute aufwirft, nämlich ob ein Landesteil sich von einem Staatenverbund selbst loslösen kann und darf.
Es kam wie es kommen musste, der Internationalen Gerichtshofs (IGH) – als letzte Instanz des Rechts – nahm sich der Sache (die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos am 17. Februar 2008) an und entschied:
Das internationale Recht kennt kein Verbot von Unabhängigkeitserklärungen.
Damit war die Büchse der Pandora – wie viele Rechtswissenschaftler kommentierten – geöffnet.
Der Kosovo war bei weitem nicht der einzige Landesteil eines Verbundes, der mit seiner „Rolle“ unzufrieden war. Die Basken wie auch die Katalanen haben ähnliche Bestrebungen, in Schottland gar gibt es mit dem 18.09.14 bereits einen Termin für die Volksabstimmung. Insgesamt gibt es in Europa an die achtzehn Sezessionsbestrebungen – der EU sind diese wohl bekannt. Entsprechen aber gar nicht dem gewünschten Trend, hin zu einer EUdSSR.
So darf es auch nicht verwundern, dass parallel zur Volksabstimmung auf der Krim eine weitere Wahl läuft, nämlich die Abspaltung Venetiens von Italien. Da dies den Interessen der EU zuwider läuft, darf es auch nicht verwundern, dass diese Abstimmung nur wenig Presseecho erfuhr. Am 21.03. endet die Wahl, dann ist „Kassensturz“ rund um Venedig. Spannend ist das Ergebnis allemal, vielleicht gerade auch deshalb, weil die Bürger auch für einen Austritt aus der NATO stimmen können?!
(update: die Stimmen sind gezählt, 89% der Bürger Venetiens haben sich für eine Abspaltung von Rom, jedoch nicht von der EU/NATO ausgesprochen – hier war die Mehrheit mit 64% bzw. 51% gegen den Austritt.)
So unterschiedlich die Voraussetzungen auch sein mögen, der Internationale Gerichtshof hat klar dargestellt, dass sämtliche Verbote zur Unabhängigkeit nichtig sind.
Schauen wir unser Grundgesetz an, so finden wir auch keinerlei Regelungen zur Loslösung von einzelnen Bundesländern. Einzig die Neugliederung dieser ist geregelt (GG Art. 29). Gleichzeitig unterwirft sich unser Grundgesetz aber dem IGH, womit dessen Rechtsprechung bindend ist. Analog zum GG Art. 31 (Bundesrecht bricht Landesrecht), kann man also schließen, dass Internationales Recht wiederum das Bundesrecht bricht. Eine bayrische Initiative hat hierzu noch ein paar weitere Fakten zusammen getragen, daher möchte ich es bei dieser Übersicht belassen.
Rechtlich sieht es in der Bundesrepublik derzeit so aus, dass die Große Koalition mit ihrer 2/3 Mehrheit das verbriefte Recht des GG. Art. 146 nutzen könnte, um eine neue Verfassung durch Volksabstimmung zu etablieren. Da die Bestrebungen unserer Regierung aber in Richtung Superstaat geht, sind die Hoffnungen zur Eigenstaatlichkeit der Länder auf diesem Wege sehr gering ein zu schätzen. Es bleibt also nur die Möglichkeit der friedlichen Volksabstimmung, denn eine gewalttätiger Umsturz, so wie in der Ukraine erfolgt, würde den Tatbestand des Hochverrats gegen den Bund rechtfertigen, militärisches Eingreifen der Bundeswehr also rechtfertigen. Dennoch gilt auch hier der Spruch:
Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.
Es gibt aber ein höheres Gesetzt, als das aus Menschenhand. Dieses Gesetz hat uns die Natur hinterlassen. Wird ein Organismus zu groß, ist er unweigerlich dem Verfall ausgesetzt, wenn er sich nicht „wandelt“. Würde eine Raupe beispielsweise immer weiter wachsen, könnte sie irgendwann ihr Gewicht nicht tragen und würde unweigerlich sterben. Sie wächst aber einzig zu dem Zweck, genügend Energie zu haben, um sich zu verpuppen um dann als Schmetterling „wieder geboren“ zu werden und nun die Lüfte zu erobern. Ihr Lebensraum löst sich damit von dem (erd-)gebundenen.
Die Kybernetik kennt diesen Zusammenhang auch. Eine der acht Grundregeln, die Frederic Vester in seinem Buch „vernetztes Denken“ zusammen getragen hat, lautet wie folgt:
Die Systemfunktion muss vom quantitativen Wachstum unabhängig sein.
Dies hat zwei wesentliche Gründe:
- der Durchfluss an Energie und Materie ist langfristig konstant und
- ein geringerer Einfluss von Irreversibilitäten und Grenzwertüberschreitung ist die Folge.
Schauen wir uns die westlichen Staaten – allen voran die USA – an, so ist deren Systemfunktion alles andere als unabhängig vom Wachstum. Wachstum ist sogar der Garant für ihr Fortbestehen. Dass dies bei endlichen Ressourcen nicht langfristig haltbar ist, habe ich bereits mehrfach erläutert. Es ist also unausweichlich, dass es zu einer natürlichen Sezession kommen muss…
Was bleibt ist zuerst einmal der ungelöste Konflikt in der Ukraine und die Wahlentscheidung auf der Krim, bei der sich 96% für Russland ausgesprochen haben. Wenn Putin klug ist – und das sollte man ihm fern ab aller Presse-und-Politik-Diffamierung unterstellen -, wird er den Beitrittsgesuch der Krim ablehnen, gleichzeitig aber eine enge und weitreichende (politisch, militärisch, wirtschaftlich) Kooperation mit der Krim anstreben. Damit wäre der EU und den USA der Wind aus den Segeln genommen und die Karten müssten offen gelegt werden. Vielleicht führt das zu den einen oder anderen Einsicht, welches Spiel hier tatsächlich gespielt wird.
Sag laut, was du willst. Wer schweigt, kriegt die Reste.