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Aufklärung in der Politik tut not

Schnappfisch-1916Als ich gestern von dem neuen EU-Vorstoß bei der Privatisierung des öffentlichen Sektors erfuhr, war ich zuerst sprachlos. Daher ist der gestrige Beitrag um das betreffende Handelsabkommen TiSA (Trade in Service Agreement) entsprechend kurz gehalten. Ich habe mir aber zum Ziel dieser Seite gesetzt, über das WIE nachzudenken, statt über das WAS – in diesem Bereich gibt es genügend freie, investigative Journalisten.

Es ist nicht so, dass das Kind bereits in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist, noch ist das seit einem Jahr im geheimen verhandelte TiSA-Abkommen nicht unterzeichnet. Es trägt aber die gleiche Handschrift wie das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), von daher kann man aus dieser Warte einige Annahmen treffen, ohne die (ohnehin geheimen) Details zu kennen.

Fakt ist, die öffentliche Hand ist in vielen Städten überschuldet. In dem Beitrag „Grenzen des Wachstums“ habe ich Rom und Detroit als Extrembeispiele genannt:

Die Großstädte können die Kosten zum Erhalt der Infrastruktur nicht mehr tragen und verfallen allmählich, wie am Beispiel von Detroit – welches letztes Jahr insolvent ging – sichtbar wurde und nun auch Rom erreicht hat. Deutsche Großstädte sind hier schon längst nicht mehr außen vor. Einige haben bereits ihr Tafelsilber verkauft um überhaupt noch zahlungsfähig zu sein. Milliardenschulden der öffentlichen Hand sind längst keine Seltenheit mehr.

Die naheliegende Lösung der politischen Entscheider ist daher die Privatisierung dieser Verlustbringer. Der Deal läuft immer gleich ab. Sinken zu Beginn die Kosten, damit der Politiker seine Entscheidung rechtfertigen kann und sein Gesicht wahrt (so denn er überhaupt noch über diese moralische Instanz Kontrolle hat), so steigen diese nach einer angemessenen Wartezeit wieder an. Dies ist auch logisch, denn die Einsparungseffekte durch die Privatisierung sind längst nicht so hoch und ein Investitionsstau bei den maroden Städten nicht auszuschließen. Zusätzlich kostet die Finanzierung des PPP-Geschäfts Geld und die Überbrückungssubventionen (um die Ausgaben am Anfang unter den Einnahmen zu halten), ebenso. Dieses Geld muss irgendwann wieder eingespielt werden.

Bis der Deal auffliegt vergeht eine gewisse Zeit und der politische Entscheider ist längst gut situiert in einer neuen (Vorstands-)Position. Dabei ist das nur die eine Seite der gleichen Münze. Die andere Seite ist die, dass die öffentliche Hand Geld benötigt, um ihre Infrastruktur zu betreiben und zu erhalten. An beiden fehlt es. Die Nebenkosten sind bereits so hoch, dass viele diese über staatliche Transferleistungen (teilweise) decken. Damit fehlt wiederum Geld. Ein Teufelskreis.

Dieser Teufelskreis kommt aber durch die abgeschöpften Mittel zustande, um den Zins und Zinseszins der Verschuldung zu bedienen. Statt die Ursachen zu beheben, wird also das Symptom einfach noch etwas heraus gezögert. Wie lange das noch geht, vermag keiner abzuschätzen. Das es nicht mehr lange geht, ist wahrscheinlich. Vielleicht ist das auch der Notnagel der Politiker, in der Hoffnung, dass solche Verträge gar nicht erst zustande kommen – das der Systemkollaps zuvor eintritt?!

Was also tun, um aus dem Teufelskreis heraus zu kommen?

Das Krieg eine mögliche Lösung darstellt, habe ich bereits ausreichend hier motiviert. Da ich diese Lösung nicht sonderlich favorisiere, sollte anhand der Kommentare ersichtlich sein. Welche Möglichkeiten gibt es dann aber noch, außer der Zwangsabgabe von 20-30% auf alles Vermögen, dass den Mittelstand noch weiter aushöhlt und die Armen noch weiter in die Armut treibt?

Es gibt bereits einige Beispiele, bei denen die öffentlichen Dienste in die Hand der Bürger gelegt wurden. Diese genossenschaftliche Lösung erscheint mir bei weitem die derzeit beste Lösung für das Problem zu sein. Gewiss wird diese Lösung nicht in allen Städten gleichermaßen funktionieren. Als Übergangslösung, bis wir die Ursachen unserer Gesellschaftsprobleme angehen, gibt sie aber ein gutes Fundament ab. Sicherlich könnte man auch so argumentieren, dass jedes Öl auf das brennende Feuer den Brand beschleunigt und es so schneller zu dem gewünschten Umbruch kommt. Es ist aber die Frage des Zuviels – der Dosis, die das Gift macht.

Ich bin auf Ihre Kommentare gespannt, vielleicht gibt es noch andere gute Lösungen, statt sich einfach auszuliefern und treiben zu lassen! Vielleicht finden sich auch ein paar gute Beispiele, dann kann man mit diesen an den jeweiligen (Ober-)Bürgermeister heran treten, so dass eine gemeinsame Lösung gefunden wird.

Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun!
(Edmund Burke)

Über Ro!and (409 Artikel)
Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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5 Kommentare zu Aufklärung in der Politik tut not

  1. Privatisieren ist Rauben.

    Daher ja, Genossenschaften sind wesentlich geeigneter für das Gemeinwohl zu sorgen.

    Es wird ja immer gemeint, dass das, was in privater Hand wäre, besser gepflegt würde. Das gilt aber nur für das, was ich möglichst meinen Nachkommen in gutem Zustand hinterlassen möchte.

    In dem hier beschriebenen Fall geht es nur darum, etwas in Besitz zu bekommen, was ich mit möglichst gutem Profit abmelken kann. Nach mir die Sintflut. Wir müssen uns nur anschauen, wie marode inzwischen die englischen Bahnstrecken sind.

    Bevor es zur Staatenbildung im 15./16. Jahrhundert durch die ehemaligen Raubritter kam, kümmerten sich die Bauern um ihre Allemende. Dann „nahm“ man sie ihnen weg. Nicht von ungefähr kamen die Bauernkriege. Das war schon mal eine Welle der Privatisierung. Jetzt kommt der nächste Anlauf …

    Zur Allemende schrieb ich schon mal:
    Auf der Suche nach einer besseren Welt: von Commons = Allmende = Gemeingut und dem bedingungslosen Schenken

    Viele Grüße
    Martin

    • Bei der Privatisierung gibt es zwei „Haltungen“: das Dominion und das Patrimonium.
      Das Patrimonium hat die Zielsetzung das kulturelle Erbe zu bewahren, das Dominion zieht maximalen Profit aus dem Besitz. Leider dominiert im Westen heute die Haltung des Dominions mit dem Ergebnis, dass immer mehr Raubbau an den Rohstoffen der Erde etc. betrieben wird.

  2. Norbert G. // 5. Mai 2014 um 23:01 //

    Als dem ECHTEN Liberalismus gemäß der „Österreichischen Schule“ zugetaner Mensch muß ich etwas widersprechen.

    Denn das was gemeinhin als „Privatisierung“ bezeichnet wird ist eigentlich Korporatismus.
    Da wird nämlich öffentliches Eigentum von verantwortungslosen Politikern an private MONOPOLISTEN verscherbelt, zum Zwecke der Generierung von Staatsknete, die wieder von den Staatsprofitören, die an den Futtertrögen sitzen und nie den Hals voll kriegen, verprasst werden wird.
    Echte Marktwirtschaft hingegen, die auf Konkurenz basiert, ist immer zum Wohle des Verbrauchers.
    Das Beispiel ist die ehmalige Staatspost, wo der Verbraucher gezwungen war, zu überhöhten Preisen eine miserable Telefontechnik zu kaufen, an der sich Siemens und die Postbeamten eine goldene Nase verdient haben. Erst seit der Deregulierung kam eine billige und moderne Kommunikationstechnik – man denke an die Händies oder an den Internetausbau! – dem Verbraucher zu gute!

    Genossenschaften waren und sind eine gute Sache, so begann ja der Sozialismus – als freiwilliger Zusammenschluß von Genossen – bis der Staatssozialismus sich die Sache zur Beute machte.
    Sozialismus ist fair, solange die Teilmahme daran freiwillig ist.
    Aber der heutige staatlich verodtnete Sozialismus jedoch ist nicht als demokratisches Raubrittertum!

    Eine ganz üble Rolle spielen die heutigen Gewerkschaften. Früher waren die Beamte und städtischen Angestellten gering bezahlt, dafür hatten sie einen sicheren Arbeitsplatz. Heutzutage besitzen sie fette Pfründe und leisten überteuert weniger als in der freien Wirtschaft. So bekommen z.B. die quasi Staatsangestellten der Sparkassen 14 Monatsgehälter obwohl das Jahr auch für die nur 12 Monate hat …
    Private Müllentsorgung, sofern konkurierend, ist billiger, denn da können die Gewerkschaften ihr Klientel nicht mit Pfründen versorgen.
    Das „private“ Toll-Collect, welches die LKW-Maut OHNE jede Konventionalstrafe mit einem Jahr Verzögerung einkassiert, bekommt fette 24% der Einnahmen. In anderen Ländern sind es 5%! Zudem haben die Politgangster eine Kündigungsfrist verstreichen lassen, die es ermöglicht hätte einen billigeren Betreiber zu bestallen.
    Wer hier keine Korruption wittert, dem ist nicht zu helfen!

    Das Problem ist also nicht die Marktwirtschaft, sondern ein völlig korruptes und mafiöses Politsystem, wie es in der ‚brd‘ herrscht.
    Kein Politiker wird für Steuerverschwendung zur Rechenschaft gezogen – und das hat System.

    Wer also ist hier der Raubritter? Der private Unternehmer oder der Raubstaat?

    • Lieber Norbert,

      die Österreichische Schule oder auch der klassische Liberalismus, sind ein Idealbild. In diesem Ideal ist die Privatisierung die höchste Form der konkurrierenden Märkte, die sich stets am Kunden/Käufer orientieren. Durch diesen Wettbewerb bekommt der Kunde am Ende dieses Markt-Bereinigungs-Prozesses stets die Besten Waren/Dienstleistungen etc. für sein Geld.
      Wir alle wissen aber, dass dieses Bild ein Ideal ist, der Mensch nicht frei von Korruption ist, Subventionen diesen freien Markt auf das schändlichste Beeinflussen und auch politische Entscheidungen nicht frei von Makel sind.
      Da dies alles die Ist-Situation darstellt, ist der Begriff der „Privatisierung“ im aktuellen Zusammenhang treffend gewählt. Das es Ideale gibt, die diesen Begriff in einem anderen Zusammenhang sehen, ist unbestritten. Die Realität ist aber eine andere.
      Auch bei der Österreichischen Schule der Nationalökonomie sind einige Fragen offen, die auch ein Roland Baader nicht befriedigend erläutert hat. Vielleicht findet sich demnächst etwas Zeit bei einem Glas Wein hier vertiefend ein zu steigen.

  3. Norbert G. // 5. Mai 2014 um 23:07 //

    Nachtrag:
    Wie, wir sind eine der reichsten Länder der Welt, ein Kapitalistisches Land?
    Warum hat die ‚brd‘ dann auch nur einen Euro Staatsschulden?
    Die Stattsschulden sind Folge des real-existierenden Staatssozialismus in der ‚brd‘ – und sont nix!
    Abwrackprämie, Sozialhilfe für die Banken („Bankenrettung“) – wo bitte ist den hier Kapitalismus??? Was ist mit den Hirnen der „aufgeklärten Bürger“ eigentlich los?

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