Der Wert der Arbeit
Mehr denn je definiert sich der moderne Mensch durch seine Arbeit. In seiner durch Arbeit sichtbaren Leistung steckt sein Wert als Individuum, durch die Tätigkeit erhält der Mensch die notwendige Wertschätzung der Gesellschaft. Als soziales Wesen ist der Mensch von dieser äußeren Wertschätzung abhängig und damit auch manipulierbar, zumindest steuerbar.
In dem Begriff Wert und Wert-Schätzung stecken vielerlei Aspekte. Neben dem monetären Aspekt auch die Sinnhaftigkeit, die Moral etc.
In diesem Beitrag möchte ich den Fokus auf den monetären Aspekt legen, wohl wissend, dass ein Groß der Arbeit im sog. Ehrenamt geleistet wird, welches den monetären Aspekt fast vollständig außen vor lässt. Diese Reduzierung auf nur einen Aspekt schärft jedoch den Blick auf das manipulative, das steuerbare Element von Arbeit.
Längst ist unsere Gesellschaft so arbeitsteilig geworden, dass wir die notwendigen Dienste und Güter durch Eigenleistung nicht mehr erbringen können. Wir könnten uns zwar wieder auf einen Minimalismus der Lebensgestaltung (rück-)besinnen und damit einen Großteil der überlebensnotwendigen Güter selbst erwirtschaften. Ich halte diesen Weg aber nicht für praktikabel, da die Arbeitsteilung viele gute Aspekte beinhaltet, wonach jeder seine Stärken in die Gesellschaft einbringen kann. Im Gegensatz dazu führt eine minimalistische Lebensführung zu äußeren Zwängen – angefangen bei der täglichen Nahrungsmittelbeschaffung. Akzeptiert man die Arbeitsteilung, so muss man zwangsweise auch ein universales Tauschmittel akzeptieren. Damit sind wir beim Geld. Da Geld leider seine Krisenfestigkeit durch die Entbindung des Endlichen (durch die 1972 erfolgt Entbindung an Gold) aufgegeben hat, soll uns an dieser Stelle nicht weiter kümmern. Es zeigt damit nur noch deutlicher die Schwächen unseres Systems auf.
Blenden wir also alle weiteren negativen Merkmale unseres Geldsystems, wie z.B. den Zinseszins mit seiner exponentiellen Wirkung auf die Geldmenge, aus und betrachten nur den Mechanismus zwischen Arbeit und Geld.
Die Parole „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist ein Aspekt. Längst werden Tätigkeiten von Menschen unterschiedlich entlohnt. Die unterschiedliche Entlohnung der Geschlechter ist ein Dauerthema, aber auch die Unterschiede der Arbeitsmodelle: ein Festangestellter erhält eine andere Vergütung seiner Arbeit als ein Zeitarbeiter. Zum Teil bekommt der Zeitarbeiter oder Leiharbeiter nur 1/3 des Entgelts. Es geht aber auch anders herum. Im IT-Bereich ist es gängige Praxis, dass ein externer Mitarbeiter das Mehrfache eines Festangestellten für die vergleichbare Tätigkeit erhält. Es scheint so, dass die Knappheit eines Gutes – hier die Arbeitsleistung – verantwortlich ist, für die Preisbildung.
Wie kommt diese Knappheit aber zustande? Ist es ausschließlich die Qualifikation des Menschen oder spielen hier noch andere Aspekte eine Rolle?
Eigene Beispiele sind immer mit Vorsicht zu genießen, bergen diese doch die Gefahr der Verallgemeinerung. Dies im Hinterkopf behaltend, möchte ich eine Erfahrung einbringen. Gegen Ende meiner Hauptschulzeit, stellte sich die Frage nach dem angestrebten Beruf. Um die Theorie zur Praxis zu bringen, gab es (und soviel ich weiß, gibt es diese auch heute noch) ein zweiwöchiges Praktikum. Ich entschied mich für das des Datenverarbeitungskaufmanns. Nach diesem Praktikum war für mich klar, dass mich diese Tätigkeit nicht auf Dauer ausfüllen würde, auch wenn die Eingangsqualifikation mit einem Hauptschulabschluss erfüllt wären. Ich holte also in einer Berufsfachschule die mittlere Reife nach. Nach diesen zwei Jahren haben sich die Eingangsqualifikationen des Datenverarbeitungskaufmanns auf die der mittleren Reife gehoben – ohne das die Inhalte sich deutlich von denen vor zwei Jahren unterschieden hätten. Auch die Fortsetzung meiner Ausbildung durch ein dreijähriges Wirtschaftsgymnasium hatten abermals zur Folge, dass die Eingangsvoraussetzungen für besagten Datenverarbeitungskaufmann gewachsen sind. Um gute Berufschancen zu haben, musste man nun Abitur haben. Erst durch ein Studium der Informatik konnte ich den Job des Datenverarbeitungskaufmanns – anhand meiner erworbenen Qualifikation – erfolgreich hinter mir lassen.
Dieses Erlebnis zeigte mir auf, dass Qualifikation nicht der ehrliche Maßstab zur Bemessung von Arbeit ist. Er erleichtert nur die Selektion.
Der fehlende Zusammenhang zwischen Qualifikation und Lohn wird vor allem in den sozialen Bereichen sichtbar. Sind die Voraussetzungen im Erziehungsbereich durchaus hoch – angefangen bei dem Kindergarten bis hin zur Schule -, so sind die Entlohnungen im Vergleich zu anderen Berufen gering. Ebenso das Missverhältnis in den unzähligen Pflegeberufen.
Das Groß derer, die sich höher qualifiziert haben und mit einem Universitätsabschluss ausgestattet sind, kennen die praktische Nutzbarkeit des Wissens in ihrer täglichen Arbeit. Nur ein geringer Bruchteil des gelernten findet Anwendung. Ich möchte hier gar nicht die Ausbildung schlecht reden, qualifiziert diese doch in der Breite und ermöglicht es jedem aus einer Vielzahl von Möglichkeiten (theoretisch) auszuwählen. Es zeigt aber auch gut auf, dass die Tätigkeit nur einen ganz kleinen Ausschnitt unseres Wissens erfordert. Aus dieser Sicht sind wir im Großen und Ganzen überqualifiziert. Die Qualifizierung taugt nur in ein paar seltenen Fällen, den Wert der Arbeit zu be-greifen.
In dem von Martin hingewiesenen Beitrag von Frau Gronemeyer „Wie viel Arbeit braucht der Mensch“ wird die Frage aufgeworfen:
Ist die Arbeitszeit des Chirurgen, des Hochschullehrers, des Politikers, des Landwirts oder Programmierers nicht unendlich viel sinnerfüllter als die Arbeitszeit des Fließbandarbeiters, der Putzfrau oder des Müllwerkers. Interessanterweise werden die Arbeiten, die als sinnstiftend und befriedigend eingeschätzt werden, in unserer Gesellschaft ja entschieden besser entlohnt, als die niederen Arbeiten, die keiner machen will, während es doch gerade umgekehrt sein müsste.
Ingo hält in seinem Kommentar mit folgendem Argument dagegen:
Das sehe ich anders. Die Höhe der Entlohnung bestimmt sich aus der Nähe zu den Mächtigen. Jobs für die Massen werden schlecht bezahlt, egal wie sinnerfüllend sie sind. Da wo Macht ist und Geld, da wird gut entlohnt. Beispielsweise in Banken. Beispielsweise in Großkonzernen und marktbeherrschenden Unternehmen.
Diese Sichtweise legt eine Selektion der Willigen nahe. Verkaufe ich die Werte der Arbeit, die wir eingangs ausgeblendet haben – im Kern der moralische Wert -, so sind unsere Chancen auf ein höheres Auskommen größer.
Was wäre dann aber die Folge, eines (bedingungslosen) Grundeinkommens? Würden wir damit diese ungleichmäßige Verteilung verändern? Würde damit die schlechte Entlohnung der Putzfrau oder des angeführten Müllwerkers plötzlich aufgehoben, da wir zusätzliche Geldanreize schaffen müssen, damit diese ungeliebte Arbeit getan wird? Würden wir mit einem Grundeinkommen unsere Gesellschaft grundlegend verändern?
Braucht der Mensch bzw. unsere Gesellschaft solche Extreme, die als Antreiber fungieren, als Traum des Aufstiegs? Ist das Manipulative, welches alles auf das Einkommen reduziert um alle anderen Aspekte auszublenden, ein Element menschlicher Motivation, dass wir brauchen, um voran zu gehen – ja womöglich sogar als Gesellschaft voran zu kommen?
Sind wir schon so tief in der Zwangsabhängigkeit zwischen Arbeit und Geld gefangen, dass uns gar nicht mehr auffällt, wie uns diese Abhängigkeit zerreibt?
Das Leben ist ein Pensum zum Abarbeiten.
(Arthur Schopenhauer)
Ein komplexes Thema, dass sicherlich einige Vertiefungen und weiterer Aspekte bedarf. Daher freue ich mich auf konstruktive Kommentare. Danke!
Wir wollen nützlich sein und arbeiten dementsprechend. Jeder möchte und sollte seine Begabung einbringen.
Das Problem liegt im Verkauf.
Stelle ich etwas Schönes, Kreatives, Einmaliges her verkaufe ich es für Geld nur unter der Zusatzbedingung, dass der andere den wahren Wert (meine handwerkliche Kunst …) anerkennt. Zudem kann man auch ohne Geld verkaufen, indem man eigene Erzeugnisse anderen zur Verfügung stellt.
Das Geld notwendiges Kriterium für die Abwicklung eines Handels ist, stimmt nicht. Da es die meisten aber glauben, handeln sie dementsprechend. Jeder entscheidet selbst.
Geld wird dann gerne als notwendiges Mittel dargestellt, wenn es um den Absatz verderblicher Waren geht. Ebenso als Argument um den Handel zu beschleunigen.
Dein Argument, im Verkauf das Problem zu sehen, sehe ich in dem Fall auch, bei dem der persönliche Bezug zu dem Gut vorhanden ist. Wie ist es aber bei den industriell gefertigten Produkten, die nicht mehr die Handschrift einer Person tragen, sondern so vieler, dass dieser Bezug verloren geht?
Geld (Konzept der Mehrung von Eigentum) und Lohnarbeit hängen eng zusammen. Ich hatte mir gestern ein Video angeschaut, in dem das Konzept des Geldes als Mittel zur Ausbeutung aufgearbeitet ist. Es ist das bisher dichteste Video zum Thema Geld, Wirtschaft und Politik. Es macht deutlich, was mit Matrix gemeint ist:
[youtube=https://www.youtube.com/watch?v=CEr-VWs0MVo]