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Nur Wachstum sichert Arbeitsplätze…

Schnappfisch-3698Wie oft hört man das Glaubensbekenntnis, dass nur Wachstum die Arbeitsplätze sichert? Wie oft wird der versammelten Belegschaft vom Management erklärt, dass nur das Bestreben nach Wachstum, die Expansion in neue Märkte, die Erhöhung von Fertigungskapazitäten, das Einsparen an Kosten… für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze sorgt? Es wird Zeit, diesen Mythos zu hinterfragen.

Das alle Ressourcen endlicher Natur sind, ist bereits in der Wissenschaft angekommen – auch wenn die meisten ökonomischen Publikationen noch davon ausgehen, dass diese unendlich sind. Damit die Literatur nicht gänzlich umgeschrieben werden muss, sondern weiterhin auf den falschen Annahmen basieren kann, greift man zu einer Notlösung. Man definiert über den Preis die Knappheit des Gutes und umgeht damit das Problem der Endlichkeit. Ist ein Gut so knapp, dass nichts mehr davon vorhanden ist, so ist dessen Preis einfach unendlich. So einfach diese Betrachtungsweise auch sein mag, so verheerend ist diese unter dem sozialen Blickwinkel.

Bleiben wir noch etwas bei der Maxime des Wachstums. Auch eine Expansion in neue Märkte führt dazu, dass diese alsbald gesättigt sind und somit das weitere Wachstum dort nicht eingefahren werden kann. Scheiden weitere Märkte aus – was diese über kurz oder lang tun, da auch die Märkte endlich sind – so spart man an den Kosten. Die Produkte werden unzuverlässiger oder es wird mehr Arbeit auf weniger Menschen verlagert – sprich es werden Menschen entlassen.

Dass der Weg sich in diese Richtung abzeichnet, ist nicht unbekannt. Was aber oftmals verdrängt wird, ist der technische Fortschritt. Dieser ermöglicht es ab einem Fertigungsvolumen, die Menschen durch Technologie zu ersetzen. Dazu bedarf es jedoch eines gewissen Volumens und eines abgegrenzten Herstellungsschritts. Das Volumen des produzierten Guts ist wichtig, da die Technologie deutlich höhere Anfangskosten erfordert, welche sich erst durch ein ausreichendes Volumen praktikabel auf die Stückkosten umwälzen lassen. Der abgegrenzte Herstellungsschritt ist derzeit noch notwendig, da der universelle Roboter noch nicht erfunden ist und die technische Komplexität eines solchen Geräts sonst unbeherrschbar wird.

Mit diesem technischen Fortschritt verbunden ist auch immer die Reduzierung der Menschen im beteiligten Herstellungsprozess. Geschichtlich kann man diese technischen Innovationen ganz gut fest machen. Die Erfindung des Webstuhls im 16. Jahrhundert ist ein Beispiel dieses Prozesses, weitere finden sich über das Fließband bis hin zur Paketlieferungs-Drohne bald in allen Bereichen unseres modernen Lebens.

Somit dient die Orientierung an Wachstum nur der Sättigung der Märkte. So wie der Webstuhl es dann der breiten Bevölkerung ermöglichte, ihre Kleidung aus Baumwolle statt aus Leinen herzustellen, so ermöglicht es uns die moderne Logistik sämtliche Waren von zuhause aus zu bestellen, statt die Geschäfte vor Ort auf zu suchen. So wie nach und nach die Stoffherstellung in Fabriken verlagert wurde um dann ins Ausland abzuwandern, so befinden sich die Waren nur noch in Logistikzentren statt in den Kaufhäusern. So wie die Menschen in den alten Webereien plötzlich auf der Straße standen und sich neue Arbeit suchen mussten, sitzen die Verkäufer der ehemaligen Kaufhäuser nun zu Hause. Die Parallelen sind unübersehbar.

Einen Unterschied gibt es aber: die Ausbreitung der Technisierung geht mit großen Schritten voran. Was früher durch den begrenzten Umfang der Technisierung durch den sozialen Rückhalt abgefedert werden konnte, bricht in nächster Zeit durch. Zwar haben wir aus den letzten Zusammenbrüchen gelernt und ein staatliches Sozialsystem geschaffen, dass dem Wachstums-Credo zum Weiterleben verholfen hat – nun steht aber auch dieses System vor dem Verlust seiner Wirksamkeit. Es stellt sich die Frage, ob wir weiterhin an der Maxime des Wachstums festhalten wollen und mittels einer Maschinensteuer uns in die nächste Runde retten wollen oder ob wir grundsätzlich hinterfragen, ob dieses Ziel das Falsche ist?!

Wir sind in den westlichen Industrieländern doch schon längst an dem Punkt angelangt, wo uns Werbung, Vertreter etc. zum Kauf eines Produkts animieren muss. Ohne Werbekonsum in Fernsehen, Radio, Zeitung oder dem Internet, würden wir uns doch auf viel weniger beschränken. So verkommt der Wettbewerb dazu, immer mehr Geld in Bereiche zu investieren, die mit dem Produkt nichts mehr zu tun haben. Es bildet sich eine Kostenspirale die nicht dem Produkt zugute kommt, sondern nur dem Erhalt des Unternehmens am Markt dient. Was würde passieren, wenn wir nur noch unser Geld in die Dinge investieren, die uns wichtig sind und dann lieber zu qualitativ hochwertigeren greifen? Was, wenn wir die Maxime Wachstum durch Qualität ersetzen?

Selbstverständlich bedeutet dies eine Umstellung. Man könnte nicht sofort sich alles leisten, sondern müsste wieder warten. Selbstverständlich könnte man den Kühlschrank nicht bis oben hin füllen, jedoch mit den Nahrungsmitteln die nährstoffreich sind.

Die Orientierung an der Qualität würde dazu führen, dass wir deutlich weniger Güter produzieren, diese jedoch viel bewusster. Ich bin mir auch sicher, dass es deutlich mehr Menschen benötigen würde, diese Güter zu produzieren. Anhand der Bio-Lebensmittel lässt sich heute schon festmachen, dass der Ertrag pro m² Landwirtschaftsfläche deutlich geringer ist, als der aus der konventionellen Landwirtschaft, die Anzahl der Beschäftigten umgerechnet jedoch weitaus größer ist. Konzentrieren wir uns im Bio-Bereich auf die Qualität (statt auf staatliche Förderquoten), so kommen wir zu dem Punkt, dass die eingesetzten Ressourcen in Balance stehen und nicht wie in der auf Wachstum ausgerichteten Landwirtschaft die Böden immer nährstoffärmer werden.

Es wären aber nicht nur die Ressourcen der Natur, die wir schonen würden, wäre Qualität die Maxime unseres Handelns. Auch die Menschen würden gewinnen, statt immer sinnentfremdeter zu werden. Denn nur wenn man in die Ausbildung der Menschen investiert, lässt sich der Weg der Qualität begehen. Nur wenn man stets bemüht ist, sein bisheriges Wissen zu hinterfragen und neues Wissen sich anzueigenen, nur dann wird man den Weg der Qualität gehen können. Dies gelingt jedoch nur dann vollkommen, wenn wir an Dingen arbeiten, die uns auch vollständig erfüllen. Arbeiten wir nur, um einen vollen Kühlschrank zu haben, so folgen wir dem Wachstumsgedanken. Solange Arbeit nicht sinnstiftend ist, ist die Qualitätsorientierung reine Makulatur. Welches Potential sich dann jedoch entfalten kann, wenn der passende Kurs eingeschlagen wird, ist verzaubernd. Alles Tun, alles Handeln folgt dem einen Ziel der Perfektion.

Der Einsatz seiner Talente macht den Job zum Beruf und die Arbeit zur Berufung.

Nachtrag:
Folgendes Video von Volker Pispers erklärt anschaulich, was es bedeutet, alles dem Diktat des Wachstums zu unterwerfen:

https://www.youtube.com/watch?v=lWKR7tN1Stc

Nachtrag2:
Auf heise.de ist gerade ein passender Beitrag erschienen, welcher darlegt, wie die technische Innovation Arbeitsplätze frisst.

Über Ro!and (409 Artikel)
Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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