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Die Schweigsamen – oder wie aus Angst Ohnmacht wird

tenzer_andreas-kein_ereignis_ist_so_schrecklich_wie_die_angst_davorDie Zeichen stehen auf Sturm! Welche Vorsichtsmaßnahmen werden getroffen, um die Schäden möglichst gering zu halten? Der anbahnende Sturm zeigt sich in vielen Facetten: je näher er kommt, desto klarer erscheinen die Konturen. Der Sturm, der uns bevorsteht, zeigt sich uns durch die zunehmende Armut, die anwachsende und beschleunigende Umverteilung von Arm nach Reich, die unzähligen Kriege und Krisen und einige Aspekte mehr. Und dennoch, wir sind kaum in der Lage klare Vorsorge zu treffen. Die Qualität dieses Sturms ist nicht mit dem einer konventionellen Naturkatastrophe vergleichbar. Es nutzt nichts, die Fenster zu verbarrikadieren und Dämme zu errichten. Was aber bringt uns in die Handlungsunfähigkeit, was hält uns in einer Ohnmacht gefangen? Ein Erklärungsversuch.

Jeder Mensch wächst in einer Kultur auf die ihn vollends umgibt. Diese Kultur reicht weit über die lebenden Generationen zurück und prägt uns nachhaltig, so wie schon die Generationen davor – daher glaube ich auch nicht an eine umfassende, friedliche Integration von ausländischen Kulturen. Einerseits gibt uns dieses kulturelle Erbe eine Zugehörigkeit, welche in Zeiten der Einsamkeit tröstlich wirken kann, andererseits zeigt dieses Erbe uns aber auch Grenzen auf. Diese Grenzen können dabei aus einer sinnvollen Notwendigkeit entstanden sein, oder aber zur Begrenzung der in dieser Kultur lebenden Menschen. Das Problem dabei: es ist uns kaum möglich, den Unterschied zu erkennen!

Kaum möglich ist jedoch nicht das gleiche wie unmöglich!

Was können wir nun tun, um den Unterschied zwischen gut und gut gemeint sichtbar zu machen? Wir müssen den Ursprung zurückverfolgen und selbigen dann neu bewerten und ggf. auflösen. Nun können wir zwar eigenes Erlebtes zurückverfolgen und so ein Trauma auflösen, was jedoch, wenn das Ereignis viel weiter zurückreicht? Hier können Zeitzeugen der älteren Generation hilfreich sein, oder geschichtlich aufbereitete Literatur, sofern diese ausnahmsweise einmal objektiv ist.

Ein besonderes Problem, was uns derzeit in einer Schockstarre hält, die ein kollektives Handeln nahezu unmöglich macht, erscheint mir in einer besonderen Konstellation der letzten 100 Jahre zu liegen. Die Generationen vor uns haben durch die beiden Weltkriege unermessliche Grausamkeiten erlebt und auch selbst dazu beigetragen. Dadurch, dass Deutschland auf der Seite der Kriegsverlierer stand, gab es auch keine Möglichkeit, die Geschehnisse aufzuarbeiten. Die Siegermächte gaben vor, was in den Geschichtsbücher zu stehen hat und welcher öffentliche Diskurs dazu gestattet ist. Damit festigte sich unterbewusst in dieser Generation der Schweigsamen etwas, was in unser kulturelles Erbe einfloss.

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Wenn man aktuelle Forschungsergebnisse berücksichtigt, dass Angst in den Genen vererbt werden kann, ist man offensichtlich am Kern unserer Ohnmacht angelangt. Wir tragen die Angst unser Eltern und Großeltern in uns, ohne die Quelle zu kennen. Kommen damit auch nicht selbst zu dem Ursprung, um die Angst auflösen zu können. Durch den fehlenden Diskurs der letzten 100 Jahre, sind wir Gefangene unserer vererbten Ängste und wissen nicht einmal wieso. Jeglicher Versuch der Aufarbeitung wird im Keim erstickt.

Wie lange dieser Zustand noch anhält, lässt sich schwer abschätzen. Viele Risse sind bereits sichtbar, wenn auch die Blockwarte unermüdlich – und teilweise nichtsahnend – ihre Arbeit tun.

Es dürstet uns zu Handeln, jedoch fehlen uns die Wurzeln, die uns verbinden.

Wir können nun weiter abwarten, bis diese Risse größer werden und das offenbaren, was durch die Risse freigelegt werden wird. Wir können auch unserer Intuition folgen und uns auf den Weg machen. Ist der Weg der Intuition durch Brot-und-Spiele, durch Tittytainment oder gar durch Pokémons versperrt, lohnt es sich, sich wieder zu erden. Mit der Intuition als Kompass und den Wissenshäppchen aus dem Internet lässt es sich erstaunlich weit zurückgehen, um am Ziel angelangt, mit einer Angst weniger wieder offen der neu gewonnenen Zukunft entgegenzutreten.

 

Es gibt keinen Mut ohne Angst.

 

 Bildnachweis: Die schweigsame Affennummer stammt von Hans-Georg Riemann

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Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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3 Kommentare zu Die Schweigsamen – oder wie aus Angst Ohnmacht wird

  1. „Es dürstet uns zu Handeln, jedoch fehlen uns die Wurzeln, die uns verbinden.“

    Wurzel-Arbeit:
    *Wahr-Nehmung* in aller *Innen-Stille* und fragen:
    Was ist DEIN Wille ?
    Hin- und Auf-Sehen und dazu stehen.
    Und einander Wi(e)der-Mut zufließen lassen.

    DANKE !
    Ein kleiner Gruß aus dem Meehr der Ich-Sucht-Ver-Zweifelung.
    Es gibt doch tat-sächlich noch *Schaum-Kronen*. 😉
    Ein Blick dahin kann sich schon lohnen
    und fährt dann ein Lachen ein.
    Das KANN UND WIRD wi(e)der be-frei-end sein.
    *JaH!*
    😉

  2. Die Umverteilung läuft etwas anders:
    von staatferner zu staatsnäher.

    Oder man kann auch schreiben von
    produktiven zu unproduktiven. Die Abgaben haben in D neue Rekorde erreicht…

  3. Grüße an den Blogherren
    sowie – oh Überraschung! – den hochverehrlichen Herrn Dominicus!

    Zum Thema möchte ich auf einen Beitrag aus einer höchst interessanten Reihe zur Psychologie hinweisen:

    http://www.ae911truth.ch/gelernte_hilflosigkeit.html

    Und OT für die lokalen Leser einen Veranstaltungsheinweis:
    ——
    Bildvortrag: Zurück aus Syrien
    Veranstalter: Gesellschaft für bedrohte Völker und ibz
    Die Veranstaltung beginnt am: 20.09.2016 19:30
    Ort: ibz | Kaiserallee 12 d, 76133 Karlsruhe

    Drei Wochen lang bereiste Kamal Sido, Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), das Krisengebiet zwischen Euphrat und Tigris. In den von KurdInnen gehaltenen Regionen besuchte er Städte wie Kobani und Kamischli. Sido sprach mit KurdInnen, aber auch mit christlichen AssyrerInnen-AramäerInnen, mit sunnitischen AraberInnen sowie Angehörigen anderer Konfessionen und Volksgruppen, die sich in die kurdischen Enklaven geflüchtet haben.
    ——

    Obwohl ich die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ als recht verlogene Organisation im Wähnen habe, sind die Referenten manchmal recht objektiv und informativ (ich denke da an einen Afghanistan-Vortrag einer „guten Tante“).

    Beste Grüße
    Norbert G.

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