Das Beste zum Schluss
Warum ist der Schluss in einem Vortrag so wichtig? Warum bleibt eine langjährige, gute Beziehung, die im Streit zerbricht, einem in so schlechter Erinnerung?
Das alles hat mit unserer Wahrnehmung zu tun. Vor allem aber mit unserem Gedächtnis, dass die unzähligen Augenblicke verschmäht und sich lieber an der Erinnerung der Höhepunkte – und vor allem an dem Abschluss – festhält.
Mit dem Essen sollte man aufhören, wenn es am Besten schmeckt!
Würden wir diesem Rat folgen, wäre jedes Mahl ein Genuss und dieser Genuss würde uns auch lange in Erinnerung bleiben. Wie es dazu kommt, hat man mit einem einfachen Experiment herausgefunden. Der Versuchsaufbau bestand auf einem Behälter mit kaltem Wasser – 14 Grad Celsius kalt, um genau zu sein.
Die Probanden mussten dabei ihre Hand in das spürbar kalte Wasser für 60 Sekunden tauchen. Nach den 60 Sekunden wurde die Hand mit einem warmen Handtuch abgetrocknet und es ging weiter mit der zweiten Hand. Diese wurde nun ebenfalls für 60 Sekunden in 14 °C kaltes Wasser getaucht. Nach den 60 Sekunden wurde über ein Ventil wärmeres Wasser zugeführt, so dass die Temperatur des Wassers um 1 °C stieg und nunmehr also 15 °C betrug. Für weitere 30 Sekunden war die andere Hand nun zusätzlich der Kälte ausgesetzt bevor das erlösende warme Handtuch kam.
Nun das Verblüffende. Nach den beiden „Tauchbädern“ wurden die Probanden gefragt, für welchen der beiden Versuche sie sich für den dritten und letzten Durchlauf entscheiden würden. Die überragende Mehrzahl – nämlich 80% – entschied sich für die 90-Sekunden-Variante. Das ist besonders Verblüffend, wenn man weiß, dass die 90-Sekunden-Variante die 60-Sekunden-Variante beinhaltet und zusätzlich noch weitere 30 Sekunden Schmerzen!
Alles Masochisten?!
Nein, die Probanden waren keine Masochisten und die Reihenfolge im Versuch wurde zudem variiert, so dass der „Fehler“ nicht im Versuchsaufbau zu finden ist!
Daniel Kahneman, der neben diesem Versuch noch weitere durchführte, kam damit auf zwei wesentliche Erkenntnisse:
- die Höchststand-Ende-Regel und
- der Vernachlässigung der Dauer.
Nach der Höchststand-Ende-Regel speichern wir als Erfahrung lediglich die besonders intensiven (emotionalen) Momente und den Abschluss. Die Dauer ist dabei unerheblich.
Ein Schmerz, der eine Stunde anhält, aber durchgehend 60% unseres maximalen Schmerzempfindens erreicht, wird somit geringer gewichtet als ein Schmerz, der für eine Minute, jedoch mit 80% unser maximales Schmerzempfinden malträtiert.
Besonders interessant dabei ist der Umstand, dem wir dem Ende beimessen. Wir können eine Stunde lang einer wunderbaren Musik lauschen, wenn der Abschluss dann versaut ist (z.B. weil die CD am Ende verkratzt ist) zählt die Stunde Genuss in der Erinnerung kaum noch, was bleibt sind die schiefen Töne der verkratzten CD.
Gleiches bei einem festlichen Mahl, dessen Einnahme ein Hochgenuss der Sinne war. Waren es jedoch ein paar Gabeln zu viel und uns wird im Anschluss übel, so bleibt diese Übelkeit in unserer Erinnerung und nicht der Genuss zuvor. Einmal mehr stimmt somit das Sprichwort, dass man mit dem Essen aufhören sollte, wenn es am Besten schmeckt!
Von guten Beziehungen… und Schlechten
Bei Beziehungen verhält es sich leider ähnlich. Gehen diese zu Bruch und die Menschen im Bösen auseinander, so sind die guten Erinnerung zuvor so sehr durch das jähe Ende getrübt, dass kaum noch an die guten Tage zu denken ist. Geht man jedoch im Guten (oder zumindest Neutralen) auseinander, so bleiben zumindest auch die guten Erinnerungen erhalten.
Vielleicht resultiert daher auch der Rat, dass man auf ein Pferd, dass einen abgeworfen hat, möglichst bald wieder aufsteigt. Denn tut man es nicht, so bleibt diese negative Erfahrung bestehen und ein wieder aufsteigen wird damit unmöglich. Dabei gilt im Leben doch:
Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.
(Winston Churchill)