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Nichts außer Liebe

Am Anfang war nichts außer Liebe. Die Liebe war so groß, dass aus Millionen und Abermillionen von Möglichkeiten genau eine gewählt wurde: Meine.

Ich habe keine Erinnerungen mehr, wie alles begann – ich weiß nur, dass es magisch war. In dem ich alles teilte, was mich ausmacht, wurde ich mehr. Jede Zelle in mir kannte ihre Bestimmung und teilte alles was sie hatte und wir wurden mehr.

Das alles ist vergangen, da alles längst an seinem Platz ist. Alles ist gerichtet.

Ich genieße das warme Gefühl und die Sicherheit. Habe ich Hunger, so esse ich. Habe ich Durst, so trinke ich. Dabei fällt es mir schwer, dass eine vom Anderen zu unterscheiden.

Ich genieße den Herzschlag und ich genieße die Zweisamkeit mit meinem Bruder. Er ist mir sehr nah – manchmal zu nah.

Aber seit einiger Zeit ist es beklemmend. Ich kann mich kaum noch bewegen. Alles drückt – ja, erdrückt mich. Das Atmen fällt mir schwer.

Es gibt dort unten zwar einen Gang, aber der ist eng und dunkel. Aber ich kann nicht anders, ich muss es wagen.

„Mach das nicht!“, warnt mich mein Bruder. „Es wird dich erdrücken.“, mahnt er.

Aber ich kann nicht mehr anders, ich muss es wagen.

„Halt ein, es ist noch genug Platz da. Wir rücken einfach noch etwas enger zusammen. Hier haben wir doch alles, was wir für unser Glück brauchen!“

Aber ich kann mich nicht noch enger binden. Auch auf die Gefahr hin, dass ich nun sterbe – ich muss nach unten gehen, um frei zu sein. Ich muss durch diesen engen Kanal ins Ungewisse ziehen.

„Nein, bleib hier, Du wirst sterben!“, waren die letzten Worte meines Bruders. Dann kamen unglaubliche, noch nie dagewesene Schmerzen. Aber etwas hat mich immer weiter getrieben. Immer weiter in die Dunkelheit und raus aus dem so vertrauten, wohligen Zuhause, das mir immer alles gegeben hat, was ich brauchte.

Ein erschütternder Schrei ertönt, dann Stille. „Jetzt ist es vorbei – ich habe meine geliebte Schwester verloren!“

Ich mache meinen ersten Atemzug und meine Lungen füllen sich mit Luft. Überall fühle ich Schmerzen, aber ich wagte es und mein irdisches Leben kann nun beginnen.

Danke liebe Katja.

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Auf den Punkt zu bringen, wer man ist, fällt weitaus schwerer, als andere in eine Schublade zu stecken ;-) Im Kern bin ich freiheitsliebend, freigeistig und gerne auch mal (benimm-)regelverstoßend. Ansonsten ganz "normal".
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